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tolomoquinkolom Die Rezension hilft mir bei der Kaufentscheidung überhaupt nicht. Da nützt weder etwas im Stile Pynchons noch dem von Grünbein. Ich möchte das Super-Album des Monats einfach selbst hören. Entscheidend ist, dass nicht die Kritik, sondern das Album gefällt. Die Schulnote des Autors nehme ich nur am Rande wahr und oft fesselt mich ein Album, das dem Autor gerade mal ein Gnadenpünktchen Wert war. Nehme ich auch überhaupt nicht übel, denn woher soll er meinen Geschmack oder meine Tagesform kennen?
Ablauf:
– Kritik lesen (ist oft amüsanter als das Album selbst)
– Gibt es etwas, das mich neugierig macht?
– Wenn ja, notieren. Pinnwand
– Bei Gelegenheit ab in den Laden des Vertrauens
– Erfahrungskontrolle. Gewinn-Nutzen-Abwägung. Wenn erfordlich, ein wenig Voodoo (oder weibliche Intuition)
– Reicht die Euphorie für länger als ein paar Monate?
– Wenn ja, kommt es nun darauf an, ob bereits jetzt eine imaginäre Lücke im Plattenregal entstanden ist
– Ist es so (und das kommt vor), dann
– Album nicht mehr aus der Hand geben und zur
– Kasse
– Kaffeepause
Wenn ich darf, möchte ich das neue Albarn-Album Monkey „Journey To The West“ als Beispiel heranziehen. Der von mir durchaus geschätzte RS-Autor Jürgen Ziemer (von dem auch drei herausragende Rare-Trax-Compilationen stammen), hat sich mit dem Werk beschäftigt und dabei offensichtlich ‘ziemerlich’ gelangweilt (was auch sein gutes Recht ist). Ihm fehlen Bilder zu dieser ‚Oper‘, wie er schreibt, und nichts klinge wie Blur oder Gorillaz (was auch stimmt). Immerhin gesteht er dem Briten auch mal einen Flop zu (Zitat). Die Sache wäre nach Lektüre für mich erledigt gewesen, wenn nicht auch eine Besprechung dieses Albums in der NZZ erschienen wäre (vom 12.09.2008*).
http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/pop_und_jazz/sounds_cd-tipps_1.804869.html
Dort fallen im Text die Anreize (die ich nicht unbedingt erklären kann, aber eben meine Neugier wecken), die mir im RS fehlten: ‚Genre-Verräter‘, ’nomadische Neugier‘, ‚verschnipselt‘, ‚bedrohliche Bläsersätze‘. Album also doch notiert und später im Laden angehört. Mitgenommen. Für mich keineswegs der Flop, wie ihn Ziemer in seiner Rezension darstellt. Was will ich damit sagen? Eine Rezension kann für mich keine echte Hilfe bei meiner Kaufentscheidung sein, sie ist im besten Fall gut geschriebene Unterhaltung in Kurzform und in jedem Fall eine nicht zu unterschätzende Information über die Existenz eines neuen Werkes. Das ist ja nicht nichts.
*) in dieser Ausgabe (auch Online natürlich) wird im Musikteil übrigens auch das sehr zu empfehlende und gleich miteingekaufte neue Album von Lila Downs besprochen, worüber ich im RS leider gar nichts las (oder es übersehen habe).
PS/Die Werbebeilage: Wenn es in einem anderen Thread (TV) schon mehrmals um die FAZ ging, nehme ich mir mal die Freiheit meine Lieblingszeitung (neben DIE ZEIT) ins Spiel zu bringen: die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, mit dem etwas anderen geographischen Blickwinkel, (nicht nur) einem exzellenten Feuilleton und nicht nur für Schweizer Interessen.
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