Re: SOUNDS Nr. 2/08 (Rebellen)

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Bis auf den Kippen-und-Bier Satz am Ende kann ich den Beitrag von Nummer 12 fast 1:1 übernehmen. Tatsächlich ist SOUNDS #2 ein reichlich, äh… unerquickliches Heftchen geworden, welches neu erwachten Hobbyrebellen vielleicht noch Freude am gemeinsamen Kleingeisteraufstand bescheren mag, Menschen, die die letzten 10-20 Jahre allerdings nicht im vollständigen komatösen Schlummer verbracht haben jedoch keinen nennenswerten Zugewinn garantieren dürfte.

Es liegen so ziemlich alle Hasen im Pfeffer: das fängt schon bei Ernst Hofackers Vorwort an und zieht sich durch fast jeden Thementext (entsprechende Beispiele gerne auf Zuruf). Und weshalb müssen in einer Ausgabe, die es sich auf den Mantel geschrieben hat dem Rebellengestus in der Musikgeschichte nachspüren zu wollen, solch vollkommen abstruse, alles andere als rebellische Figürchen wie der dauerbekiffte Alpenradi Hans Söllner oder die komplett verdummte Lady Bitch Ray zu Wort und Bild kommen? Wenn schon im heimatlichen Kuchen gebohrt werden muss, dann doch besser in andere Richtungen, zB. Peter Hein, Alfred Hilsberg, Ted Gaier usw. usw. usf…
Auf internationaler Ebene ähnliche Tristesse: dort heisst Hans Söllner Tom Morello und ist von exakt gleichem überflüssigen Schlag. Verbockt!

Der Rest ist sogar noch rascher vom Tisch. Zur CD: ohne Worte! Zu den Bildern: rebellisch geklaut von da und dort, das Lydia Daher Foto sogar frech von deren Webseite entnommen. Die ganzseitigen Bilder sind auf den ersten Blick zwar eine seitenzahlheischende Unverfrorenheit, ersparen dem Leser aber immerhin noch mehr Worte zu womöglich noch mehr überflüssigem Tant. Immerhin bewies man Humor, als man Errol Flynn als Robin Hood auf Seite drei „I shot the Sherrif“ rechts unten auf den Wams drapierte. Harhar! Ihr Scherzkekse! Sowas gewieftes! Wirklich nicht schlecht und defintitiv eins der Highlights im Heft! Das schneid ich mir aus und hängs mir wohin. Das Gainsbourg-Foto, auf dem sich der Alte eine seiner Shitanes am glimmenden Plattensleeve ankokelt, ist aber auch toll, rechtfertigt auch ein bisschen den Heftpreis und so. Aber sonst? Die Literaturempfehlungen zur weiteren Vertiefung in die Materie schlagen überaus mager, unvollständig und voll rebellischer Rätsel zu Buche. Immerhin genierte man sich nicht, explizit auf Ingeborg Schobers Joplin und Morrison Monografien hinzuweisen, nachdem die gute Frau hierzu schon weiter vorne im Heft diverse Appetizer in Form von kleinen Texthappen servieren durfte. Ich hoffe, es zahlt sich aus! Wieso jedoch „Please Kill Me“ hinreichend Erwähnung findet, „England’s Dreaming“ hingegen aber komplett verschwiegen wird, wissen vermutlich nur Eingeweihte. Und wo ist bspw. der Hinweis auf Greil Marcus‘ „Lipstick Traces“ und ähnlich gelagerter, unverzichtbarer Lektüre (zB. Nick Tosches‘ „Hellfire“)? Fragen über Fragen über Fragen…

Unterm Strich leider eine gründlich missratene Ausgabe, die sich letztlich an so ziemlich gar keine konkrete Zielgruppe zu richten scheint, stattdessen nur Wiederkau aus altbekanntem Füllsel anbietet. Die nächste Ausgabe befasst sich dann immerhin mit Musik & TV, ein Gebiet auf dem ich kompletter Novize bin, da ich nur selten in die Musikflimmerkiste gucke. Da bin ich also schonmal gespannt, das könnte dann erstmalig ein Heft wie für mich maßgeschneidert werden. Muss ich haben!

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