Re: ROLLING STONE Oktober 2008

#6791319  | PERMALINK

mosse

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Also ich fand Frickes Metallica-Artikel insgesamt sehr interessant, weil er sehr einfühlsam endlich auch mal die Menschen hinter Metallica und Heavy Metal herausgearbeitet hat. Bisher dachte ich ja immer, Heavy Metal: das sind 3 bis 5 Typen, die mit 24 nicht nur noch immer an den bösen schwarzen Mann glauben, sondern sogar denken, sie selbst seien der böse schwarze Mann. Und mit 30 kommt dann das böse Erwachen („Ich bin ja gar nicht der böse schwarze Mann!“).

Auf der Bühne, so dachte ich, veranstalten sie dann bei überlauter Musik und allerhand pyromanischen Bühneneffekten mit ausladenden Gesten so ne Art zweistündiges erweitertes Zirkeltraining (mit allerlei bedeutungsschwangeren körperlichen Verrenkungen und so). Der Schlagzeuger – einen Fuß am Pedal, den anderen artistisch in die Luft gestreckt – beugt sich während er spielt über sein Drum-Kit, fixiert sinistren Blickes so nen schmächtigen Typen im Publikum und atmet bedrohlich durch die Nüstern, bis der’s mit der Angst zu tun kriegt und sich nach hinten verzieht; derweil der Gitarrist mit angewiderter Miene (kennt ihr diese Miene? Ich meine, Nase und Mund gleichzeitig nach oben gezogen, als wenn’s auf der Bühne stinken würde?) über die johlende Menge hinwegschaut, bevor er beim Solo so’n halben Flic-Flac hinlegt. Und wenn dann der zwergenhafte Sänger (in hautenger Lederhose, durch die seine viel zu großen Quadratlatschen noch deutlicher zur Geltung kommen) spätestens beim Refrain wie am Spiess zu quietschen beginnt, dann schien er sich gerade beim öffentlich durchgeführten Spagat die Eier abgequetscht zu haben.

Nichts da! In Wirklichkeit – so weiß ich jetzt – sind James Hetfield und Co. ganz irre sensible Typen, die ihre Platten „Kill `Em All“ oder „St. Anger“ nennen und uns Texte von der „darwinistischen, todesverachtenden Männerwelt“ vorsingen, in denen sie uns endlich einmal ganz genau erklären, was es mit dem Gesetz des Dschungels oder den Farben des Todes so alles auf sich hat. Und danach gehen sie zu Phil, den Therapeuten, und weinen still in sich hinein. Reizend ist auch Ross Halfins Foto-Love-Story auf den Seiten 60 bis 65 (besonders Seite 62/63 in der Gesamtwirkung und das krönende „Happy End“ auf S. 65).

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