Re: Ryan Adams & The Cardinals – Cardinology

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jay

Registriert seit: 28.04.2007

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BullittSo schlimm?

Klar ist mittlerweile, dass wir es heuer mit einem anderen Ryan Adams zu tun haben; einem, der nüchtern ist und jetzt in einer Band spielt und uns die daraus resultieren Limitierungen deutlich spüren lässt. Jemand, der die Mehrzahl seiner Alben als Solokünstker aufenommen hat, gibt freiwillig Einfluss und Kontrolle aus der Hand. Eine Tatsache, die die Fans dieses Exzentrikers eigentlich erstaunen dürfte. Dass es letztlich nicht funktioniert hat, ist am Ende also nicht ganz überraschend.

Ich – wie viele andere auch – höre Ryan Adams ganz unterschiedlich, weil seinem Katalog eine gewisse positive Schizophrenie innewohnt. Easy Tiger vs. Love Is Hell? Welten dazwischen. Gold vs. 29? Ha! Adams war immer ein Selbsterfinder, einer der mit Stimmungen gespielt und seine Hörer in unterschiedlichen Stimmungen zurückgelassen hat – und seine Platten gaben ihm jedes mal recht. Der Umstand, dass er sich heute selber als festes Mitglied einer Band und den dort immanenten Prozessen begreift (zum ersten Mal seit Whiskeytown) hat diesen Band-Output zutage gefördert, er und die Band haben sich entwickelt, ihr Material leider nicht ausreichend genug.

Vielleicht ist es auch, weil er clean ist. Ich sehe da durchaus Parallelen zu Wilco’s Jeff Tweedy, der nach Tablettenabhängigkeit seiner Meinung nach (und der Meinung von vielen hier im Forum) gut abgeliefert hat. Fest steht aber, dass YHF und AGIB in ihrer Form krass fortschrittlich waren, während Sky Blue Sky deutlich macht, wie gut es Tweedy mittlerweile wieder geht. Es ist mitnichten ein schlechtes Album geworden, nur eben auch kein Fortschrittliches, wenn man vom dankbaren Umstand Absieht, dass Nels Cline ein permanentes Mitglied geworden ist. All das ist natürlich eine Feststellung und daher nicht repräsentativ, aber zumindest bemerkenswert.

Vieles was ich auf Cardinilogy höre, habe ich irgendwo in Adams‘ Katalog schonmal gehört und ist für mich daher eine logische Weiterentwicklung von Easy Tiger, dem ich damals eine Art Werkschau-Charakter bescheinigt hatte. Magick und Halloween Head fallen mir auf Anhieb ein. Man könnte vielleicht von einem signature sound sprechen, den sich die Cardinals erarbeitet haben und müsste aufgrund der Umbesetzungen innerhalb der Band gleichzeitig JCN und Cold Roses ausklammern, die beide doch signifikant unterschiedlich vom jetzigen Sound klingen. Easy Tiger und Cadinology sind demnach Alben, die nicht so konsequent für sich stehen, wie das Meiste aus RA’s Katalog, da sie für mich zu sehr Bezug aufeinander nehmen (wieder: dem Bandgedanken geschuldet), während alle anderen Alben abgeschlossene Meilensteine sind.

Cardinology ist ein Beweis, dass RA zwar immer noch gute Popsongs mit catchy Hooklines schreiben kann. Cobwebs wäre ein Beispiel, Magick oder Fix It zwei andere. Die gewohnte Stärke aber erreicht er eigentlich nur bei Evergreen, Like Yesterday und Stop, wofür man sich durchaus durch das Album schleppen kann. Es ist eine mühsam erarbeitete Entlohnung für langjährige Fans, die ihm wahrscheinlich auch weiter die Treue halten werden. Beim nächsten Griff ins Plattenregal aber, greifen sie vielleicht nach einem der früheren Alben.

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