Re: Deutschsprachige Musik

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satiee

Registriert seit: 09.07.2006

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Extrabreit

Wieso, weshalb, warum: eigentlich muessig, nicht wahr? Wie ueberall in der Musik, deckt deutschsprachige Musik einen weiten Bereich verschiedener Stile ab, mal gut, mal weniger gut.

Dass internationale Erfolge selten sind, ist nicht verwunderlich, die internationale Musiksprache ist halt Englisch, und da dominieren logischer Weise „Native-Speaker“. Verwunderlich ist es dann schon eher, wie haeufig international erfolgreiche Musik aus den skandinavischen Laendern kommt!?

Aber, wie schon gesagt: Diskussionen darueber sind schon eher muesig, oder nicht?
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Müssig finde ich Diskussionen darüber keineswegs! Aus der Musikgeschichte ist die deutsche Sprache nicht wegzudenken.Es sei denn,es wird ihre große Bedeutung vor allem ab des 19.Jahrhunderts einfach unterschlagen.Ob die Liedkunst (z.b. Schubert,Mahler,Richard Strauss), die Opern (Beethoven bis
Wagner),gilt deutsch als Kulturgut.Ende des 19./Anfang 20.Jahrh. kam die
unschlagbar deutschsprachige ‚Operette‘ hinzu,aus der der Wiener Begriff „Schlager“ bereits vorzeitg resultierte.Nach dem 1.sten Weltkrieg ab den „goldenen 20ern“ radikalisierte B.Brecht (3-Groschenoper) mittels „deutscher Gossensprache“die ehemalige Operette in ein Vorstadium des späteren „Musicals“.Parallel machten in den 20er+30er Jahren (u.a. Commedian Harmonists) Unsummen sarkastischster Texte (incl. DADA) auf ersten Schellackplatten mittels nur deutscher Sprache „historische Furore“.
Furchtbar gestutzt wurde der geniale Text/Schlagerhumor dann ab 1933
sofort zwar durch die Nazis,ließ aber dennoch zu diversen NS-Spielfilmen
manche „deutschsprachigen Schlagerklassiker“ raus in die weite Welt.Kurioser
Weise Hit’s/Evergreens der Schwedin Zarah Leander oder der Ungarin Marika Rökk.LALE ANDERSEN’s „Lilly Marleen“ wurde gar bei den feindlichen Allierten
zum „song aller soldiers“. Davon aber ging die Welt 1945 doch unter.

Trotzdem gab es bereits 1946/47 wieder ‚deutsche Schlager‘ wie z.b.
„wir sind die Bürger von Trizonesien“ (sprach auf die 3 Westalliierten an)-
bis sich dann in den 50ern erst der ~biedere deutsche Schlager~ nun auf
Schallplatten und ersten erschwinglichen ‚Schallplattenspielern‘ einbürgerte.
Von 1950 bis 1960 zog sich diese trübe und witzlose Epoche gnadenlos hin.
ELVIS gab 1958 mit „Muss I denn zum Städele hinaus“ einen „Hit“ dazu.

Als THE BEATLES ’64 mit „Sie liebt Dich“ und „Komm gib mir Deine Hand“
den „deutschen Fans“ einen Gefallen taten,wurde ersichtlich,daß ihr engl.
Text ansich auch nicht inhaltsreicher war:-).
Aber zwischen 1960-1980 passierte doch einiges mehr als im Jahrhzehnt
davor. Der „deutsche Schlager“ sank tiefer und tiefer.Wenn es EINEN Anfang
der 70er gab,der eine Umkehr wirklich packte,war es Udo Lindenberg!
Sein Wortwitz + Respektlosigkeit gegenüber D.T. Heck’s „Hitparade“ ist
nicht zu unterschätzen! Ausserdem passierte zeitgleich in der DDR die
„Entdeckung der Deutschen Sprache“ als Ausdruck mit „doppeltem Boden“ an der ‚Parteilinie vorbei‘ ~über 7 Brücken~. Nicht zu vergessen auch,daß
David Bowie (Heroes) und Roxy Music („nein,das ist nicht das Ende der Welt,gestrandet an Leben und Kunst, und das Spiel geht weiter wie man weiss,noch viele schönste Wiedersehn“) Mitte der 70er für ihre Alben den ‚Reiz der deutschen Sprache‘ entdeckten !
Unisono für die 70er stehen KRAFTWERK bedeutend.
Ab den 80ern wiederum im D-Westen entstand postpunk die ‚NDW‘ mit nun
scharf gewürzten deutschsprachigen Zynismen und Neo-Dadaismen wie primär die Einstürzenden Neubauten,DAF und viele mehr. Das „Konsonanten“
ihre Textvielfalt einschränkten bleibt absurd.Wer gut deutsch textet,wie auch
Grönemeyer oder Westernhagen,kennt die austrickbare Raffinesse der Syntax im Kontext zu Refrains oder Riffs.
Daß die 90er vor allem von den ÄRZTEN oder TOTEN HOSEN mit einfallsreichen deutschen Texten gut bedient wurden, wird kaum jemand bestreiten….“Westerland:sonne:“

Was mich erst ab den „Nullern“ neu nervt,sind textlich die leider wieder eingekehrten Einfältigkeiten durch Bands wie „Rosenrot“,“Silbermond“,“Wir sind Helden“,“Sportfreunde Stiller“ usw. usf. Deren gereimte Nettigkeiten bzw. ‚Gut-Mensch-Thesen‘ triefen in fürchterlichen Poesie-Alben-Versen ein ‚Deutsch‘ daher,das Zeungnis über deren greuliche Unkenntnis und Mittelmäßigkeit ablegt.
Sie haben den ‚Schlager‘ dahin wieder zurückgeblödet,wo er einmal in den tristen 50ern entstand. Aber niemand merkt das mehr als 50 Jahre später
noch.

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