Re: Deutschsprachige Musik

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Deutschsprachige Musik Re: Deutschsprachige Musik

#6627659  | PERMALINK

reino

Registriert seit: 20.06.2008

Beiträge: 5,700

nail75
Ich hatte ja schon mehrfach geschrieben, dass Popmusik eine demokratische Musikform ist, weil sie prinzipiell jedem offensteht. Klassische Musik war schon immer ein Elitenphänomen und wird es immer bleiben. Ihr Ausgangspunkt ist das höfische Leben und mit dem Verschwinden des höfischen Lebens im 20. Jahrhundert, kommt auch die Neuproduktion von klassischer Musik zum Erliegen (jedenfalls weitgehend).

Der Unterschied zwischen U- und E-Musik ist zunächst mal der, daß U-Musik Laien-Musik ist (du nennst das demokratisch), E-Musik (zumindest was die Komponisten betrifft) aber nicht. Und es trafen zwei sehr unterschiedliche Eliten aufeinander: nämlich die musikalische Elite und die gesellschaftliche Elite. Und der (konservative) Geschmack der Aristokratie hat nicht verhindert, daß sich die klassische Musik kontinuierlich weiterentwickelt hat, bis hin zu Schönberg und anderen Neutönern, deren Musik nun ganz sicher nicht dem Geschmack der politischen Elite geschuldet ist.

MikkoMusikalisch gehen ihre Vertreter eigentlich kaum wirklich eigene Wege. Ihre Musik ist von angloamerikanischem Rock und Pop ebenso beeinflusst wie von deutschem Schlager. Textlich bieten sie zum Teil wirklich gelungene Pop-Lyrik. Das muss einem nicht unbedingt gefallen, aber es greift durchaus Alltagsthemen mehr oder weniger gekonnt auf, und es zeugt mitunter von geschicktem Umgang mit der deutschen Sprache. Ja, es gibt sogar Beispiele für eine wirklich gelungene Verbindung von Sprache und Musik, die man schon als eigenständige Entwicklung bezeichnen kann.

Damit haben Deutsch-Rocker ein ähnliches Problem wie Liedermacher: Sie sind keine musikalischen Revolutionäre, sondern kommen von der Sprache her und greifen gängige musikalische Genres und Klischees auf. Wer schlechte deutsche Texte macht, kann genauso gut schlechte englische Texte machen und fährt damit wesentlich besser (schon weil er seinen Markt vergrößert). Anders war das in der DDR. Da dort deutsche Texte gefordert waren, gab es viel mehr Texter-Musiker-Kooperationen (auf Texter-Seite z.B. Gisela Steineckert und Kurt Demmler).
Außerdem wird hier von deutschen Musikern gefordert, eine eigenständige Musik oder zumindest eine mit deutschen Wurzeln zu machen, obwohl das in der Regel keiner hören will. Amerikanische Musiker kopieren auch ihre erfolgreichen amerikanischen Kollegen, nicht aus finanziellem Kalkül, sondern weil sie mit deren Musik aufgewachsen sind. Wer das in Deutschland machen will, landet bei der volkstümlichen Musik.

--

Noch mehr Comics für alle! Jetzt PDF herunterladen!