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Dass auch in Deutschland hörenswerte und relevante Musik gemacht wird, dürfte ja niemand ernsthaft bestreiten. Wir müssen uns da ja nicht auf bestimmte Interpreten einigen. Und wir sind ja auch nicht mehr in den 70ern, wo deutsche Künstler erstmal auf Umwegen einen amerikanischen Deal bekommen mußten um im eigenen Land mehr als 3000 Einheiten zu verkaufen, weil man hier von der Fachpresse totgeschwiegen oder verissen wurde (seltsamerweise wurden bands wie Hoelderlin oder Grobschnitt in den 80ern plötzlich gebeten, ihr nächstes Album doch bitte in deutscher Sprache abzuliefern).
Spannender ist also die Frage ob tatsächlich die Texte das Problem sind. Musiker, die weniger zu sagen haben, wie, sagen wir mal die Scorpions, würden in Deutsch sicher weit peinlicher klingen. Da geht uns nichts verloren. Aber bei den deutschsprachigen Künstlern die wirklich was mitteilen wollen, fänd ich es schwer schade, wenn die das in einer „fremden“ Sprache täten.
Kein Mensch käme auf die Idee einen Franzosen zu fragen wieso er französisch singt. Das ist eine typisch deutsche Verhaltensweise. Und deutsche Pop- und Rockmusik mußte lange darum kämpfen, in ihrer eigenen Sprache wahrgenommen und sogar akzeptiert zu werden. Das hat wohl auch zu einem erhöhten Anspruchsprofil geführt. Kein Mensch nimmt Anstoss wenn Die Stones, Deep Purple oder Genesis was Plattes singen, was ja gelegentlich auch mal vorkommt. Deutsche Texte aber werden mitunter nur geduldet wenn man wirklich höhere Lyrik darin findet. „Wind of Change“ z.B. wäre vom Label in Deutsch vermutlich nicht mal veröffentlich worden.
Zu Nails provokantem Auslöser im Lindi-Thread würde ich sagen dass ich nicht lange genug hier bin um zu beurteilen ob es diese gemeinte grosse Gruppe in der Form gibt. Aber so zwei, drei, vier naserümpfende User die Nail sehr schön beschrieben hat, fallen mir schon ein. Und die heftige Resonanz zeigt auch dass sich offenbar einige angesprochen fühlten.
Mein eigenes deutschsprachiges Musikspektrum ist übrigens sehr umfangreich. Das beginnt auch bei Udo, und den ursprünglich mal als ganz andere NDW gemeinten Aufbruchsbands wie Ideal, Spliff, Extrabreit, Witt, Fehlfarben, Foyer des Arts etc, über die nachfolgende klassische Deutschpopschiene mit Rio, Westerhagen, Bap, Grönemeyer, Kunze, Maurenbrecher, Meinecke etc.
Gern auch mal etwas Punk (Abwärts, frühe Hosen, sogar mal Slime), gern auch EOC, Blumfeld, Frevert, Sterne etc.
Da ist niemand dabei der mich rundum glücklich macht, aber für einzelne Songs wie Mauris „Brennende Boote“ oder Kunzes „Lebend kriegt ihr mich nicht“ muss ich auch bei Dylan sehr lange nach adäquaten Sachen suchen.
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