Re: Mötley Crüe – Saints Of Los Angeles

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skraggy

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Mötley Crüe – Saints of Los Angeles (2008)

Mötley Crüe machen es ihren Anhängern in den bald zwanzig Jahren nach dem ’89er „Dr. Feelgood“ nicht besonders leicht sie zu mögen. Als Anfang der ’90er Jahre Grunge über die LA-Rock-Szene hereinbricht und den Großteil der ihr angehörigen Bands mit einem Schlag in die ewigen Jagdgründe befördert, passt sich die Band nach dem Abgang von Sänger Vince Neil mit Neuzugang John Corabi am Mikro auf dem ’94er „Motley Crue“ zwar gekonnt dem musikalischen Zeitgeist an, doch der kommerzielle Erfolg dieses Unterfangens bleibt hinter den Erwartungen zurück. In der Folgzeit beweist die Band erstaunlich wenig Rückrat. So wird John Corabi zügig aus der Band geworfen um eine Rückkehr von Frontblondchen Vince Neil zu ermöglichen. Anstatt nun in Originalbesetzung den Fans das zu geben, wonach sie verlangen, präsentiert sich die Crüe auf dem ’97er Album „Generation Swine“ ausgesprochen experimentierfreudig. Nun sind Mötley Crüe sicherlich vieles, aber definitiv keine Band, die für gelungene Experimente berühmt ist. Dementsprechend lau fällt das Album aus. Fans und Kritiker quittieren dies entsprechend. Die stilistische Rückbesinnung auf alte Tugenden erfolgt auf „New Tattoo“ aus dem Jahr 1999. Auf dieser Scheibe wird jedoch Drummer Tommy Lee durch Randy Castillo ersetzt. Mister Lee zieht es zu der Zeit vor, sich als Private-Porno-Regisseur und Nu-Metal-Hip-Hopper zu profilieren oder – ja nach Standpunkt – zu diskreditieren. Das Album verkauft sich nur wenig befriedigend und für die Fans beginnt eine mehrere Jahre andauernde Dürreperiode. Die meiste Zeit der Noughties machen Mötley Crüe, wenn überhaupt, durch die ein oder andere Tour oder die Veröffentlichung ihrer Band-Bio „The Dirt“ von sich reden. Auf musikalischer Ebene tut sich wenig bis gar nichts. Umso größer ist die Überraschung, als im April 2008 plötzlich „ Saints of Los Angeles“ als Vorhabsingle zum gleichnamigen Album erscheint. Eingängig, wuchtig und aggressiv klingend zeigt der Song eine hungrige Band, die es noch mal wissen will. Soll man sich wirklich noch mal auf eine Mötley Crüe-Scheibe freuen dürfen? Nun, das Album „Saints of Los Angeles“ schreit dem Hörer auf diese Frage bei jedem Durchlauf ein deftiges „Ja!“ entgegen. Musikalisch orientiert sich die Band wieder an ihren Glanzzeiten. Sprich: es gibt endlich wieder Mick Mars’ simpel-effektive Riffs, einen glänzend aufgelegten Tommy Lee, einen Vince Neil, der zwar noch immer nicht für drei Cent singen kann, dem Songmaterial aber trotzdem seinen unverkennbaren Stempel aufdrückt und einen ganzen Stapel catchy Songs, die diversen Nachwuchsrockern zeigen, wo der Hammer wirklich hängt. Dabei vermeidet es die Band aber zu jeder Sekunde, eine Retro-Show abzuziehen. Die Produktion des Albums ist vollkommen in der Gegenwart verankert. Die wuchtigen Gitarren und knalligen Drums würden manch aktueller Metalband gut zu Gesicht stehen. Dazu gesellen sich mit dem fetzigen Titelsong, der wunderbar melancholischen Hymne „The Animal In Me“ und dem entfernt an Marylin Manson erinnernden „White Trash Circus“ auch Songs mit deutlich moderner Ausrichtung. Zwar hat sich mit dem drögen „This Ain’t a Love Song“ auch ein Füller eingeschlichen, doch fällt dies angesichts der Klasse der übrigen Nummern kaum ins Gewicht. Alles in allem haben Mötley Crüe es mit „Saints of Los Angeles“ nach 14 Jahren endlich wieder geschafft ein überzeugendes Album einzuspielen. Welcome back, Boys!

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