Re: Holly Golightly 2008

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nail75

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Das fiese Herz der Dunkelheit
Holly Golightly, 5. 5. 2008, Schlachthof Wiesbaden

Am vergangenen Montag fand sich Holly Golightly, eine englische Sängerin und Songwriterin, bereits zu ihrem dritten Auftritt im Wiesbadener Schlachthof ein. Golightly ist eine ungeheuer produktive Künstlern, deren Werk aus einer großen Zahl von Alben und Singles besteht, die sie seit 1995 veröffentlicht hat. Den meisten Musikliebhabern dürfte sie jedoch durch die Zusammenarbeit mit den White Stripes auf Well It’s True That We Love One Another von deren Album Elephant bekannt sein. Ursprünglich stark vom Blues geprägt, hat sie mit ihrem letzten Alben einen gewissen Wandel hin zu einer einfacheren Country-geprägten Musik vollzogen.

Konsequenterweise wird sie lediglich von dem Multi-Instrumentalisten Lawyer Dave begleitet, der – wie er nach dem Konzert klarstellt – zuerst Texaner und dann Amerikaner ist. Auf die Band hätten sie verzichtet, weil sie zur Überzeugung gekommen wären, dass sie sie nicht wirklich benötigten. „I’m learning to play bass with my dick“, kommentiert Lawyer sarkastisch. Allerdings hätten sich Zuschauer bei ihr über die Abwesenheit anderer Musiker beschwert, berichtet Golightly.

Dabei gibt es für Beschwerden eigentlich keinen Anlass: Golightly und Lawyer navigieren souverän zwischen Blues-Rock und Country-Songs, singen im Duett oder üben sich im Harmoniegesang. Die beiden Gitarren verschmelzen zu einem dichten Klangfundament, das durch das von Lawyers simultan gespielte Schlagzeug ergänzt wird. Trotz seiner unbestrittenen instrumentellen Fähigkeiten wird schon aus dieser Beschreibung klar, dass es nicht die Virtuosität der Musiker, sondern die Atmosphäre ist, die das Konzert ausmacht.

Die Zusammenarbeit mit Lawyer ist fraglos ein Glücksfall für Holly Golightly. Bereits auf ihrem letzten Studioalbum, das sie als Holly Golightly & The Brokeoffs veröffentlichte, zeigten sich deren Früchte. You Can’t Buy A Gun When You’re Crying war Ausdruck der gemeinsamen Suche einer Engländerin und eines Texaners nach dem mythischen Wurzeln Amerikas. Die Umsetzung dieser Such funktioniert auch im Kontext des Konzertes hervorragend. Golightly und Lawyer benutzen uramerikanische Motive und schaffen für sie einen neuen Kontext, der trotz der Vertrautheit vieler Elemente originell und aufregend wirkt.

So gestaltet sich das Konzert wie eine lange, düstere und von schwarzen Humor durchdrungene Zugfahrt in das dunkle Herz Amerikas. Nicht umsonst handeln die Lieder von Aufbruch und Rastlosigkeit, alkoholgetränkten Sünden, der Unwägbarkeit des Schicksals, auswegsloser Liebe, Jesus und dem Teufel. Die Souveränität, mit der sich Golightly und Lawyer diese Mythen zu Eigen gemacht haben, ist bemerkenswert. Ihr Auftritt ist natürlich und ungezwungen, niemals angestrengt oder gar peinlich.

Im Vergleich zu ihrem letzten Studioalbum klingt die Musik verwobener, weniger klar definiert. Zwar lässt dieser Umstand den Stimmen nicht immer genug Raum zur Entfaltung. Golightly und Lawyer kompensieren das jedoch mit einem mitreißenden, intensiven Vortrag, der niemals als bloße Routine erscheint, sondern von der kreativen Spannung zwischen beiden gekennzeichnet ist. Zu den Höhepunkten des Konzerts gehören vor allem die herausragenden Lieder des letzten Albums wie Devil Do, Medicine Water, Jesus Don’t Love Me Anymore, Just Around The Bend und das hintersinnige I Let My Daddy Do That. Einige gelungene Coverversionen und ältere Stücke runden das etwa neunzigminütige Programm ab.

Etwa einhundert Zuschauer waren an dem herrlichen Frühlingsabend in den Schlachthof gekommen. Sie werden, wie man aus dem enthusiastischen Applaus schließen darf, ihr Kommen nicht bereut haben. Nach der ersten Zugabe gelingt es ihnen sogar, Lawyer Dave nochmals auf die Bühne zurückzulocken. Er entschuldigt Holly Golightly mit dem Hinweis auf Stimmprobleme und setzt mit einer Soloversion von So Long einen gelungenen Schlusspunkt unter ein hervorragendes Konzert.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.