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Herr RossiHier: Das ist das patentierte Weilsteinsche Verfahren, den Gesprächspartner als dummen Jungen zu deckeln, also eins von rund zwei rhetorischen Stilmitteln aus Deinem Repertoire. Wenn Du selbst richtig gelesen hättest, dann hättest Du festgestellt, dass sich die von Dir monierte Äußerung Go1s nicht auf die von Dir zitierte Passage bezog, sondern auf dieses Statement:
Danke, Rossi. Jetzt brauche ich Weilsteins Unverschämtheit nicht mehr selbst zu kommentieren. Ich habe ein einzelnes Argument von Kramer kritisiert, das ich für falsch halte, nicht seine Ansichten zum Musikjournalismus. Ein falsches Argument wird nicht dadurch richtig, daß man es in einen vernünftigen Kontext stellt. (Das „Think again“ – in Doebelings Manier – war parodistisch gemeint. No offense.)
kramerNein, die Logik meines Arguments ist: Es ist wichtiger die Zeiten, Umstände, Quellen und Wurzeln dieser Musik zu vermitteln, um sie zu verstehen und würdigen zu können, als detailreich zu beschreiben, wie Howlin‘ Wolf klingt, damit man möglichst bereits beim Lesen urteilen und entscheiden kann, ob einem die vorgestellte Musik gefallen könnte. Das wäre nämlich wirklich fatal.
Du unterstellst Deinem Kontrahenten einfach, daß es ihm um Kundenservice geht. Die Beschreibung kann natürlich anderen Zwecken dienen – man braucht sie, wenn man wissen will, wie Musik wirkt und wie sie zu bewerten ist. Das eine ist eine spannende Frage für alle Musikhörer und das zweite ein Steckenpferd von vielen hier. Neben den Umständen und Wurzeln (dazu gehört mehr als die Biographie) ist die Beschaffenheit der Musik selbst entscheidend: die Schönheit der Melodien, der Groove, die Texturen und Sounds. Darüber gut und anregend zu schreiben, ist schwerer als das Erzählen biographischer Anekdoten; deswegen schätze ich es, wenn es jemand kann und tut. Aber okay, das ist hier off-topic.
Zurück zum Thema also!
Was mich von Anfang an fasziniert hat an Howlin‘ Wolf, als mir ein Schulkamerad Sachen von ihm vorgespielt hat, ist seine Stimme, dieses einzigartige rohe, körnige, kraftvolle Organ. Sein Gesang ist oft aggressiv; man spürt eine mühsam im Zaum gehaltene Gewalt. Die Welt, aus der diese Stimme zu uns dringt, ist hart und ungerecht; man muss kämpfen, um sich in ihr zu behaupten. Gerade „Smokestack Lightning“, einer meiner Lieblingstracks, ist als Gesangsperformance kaum zu übertreffen – man spürt den Schmerz, das Leid, das rohe Fleisch. (Ebenso wichtig für mich sind aber das süchtigmachende Gitarrenmotiv und der ganze Sound.)
Ich kenne bis heute nicht besonders viel von Howlin‘ Wolf (Blues ist nicht so meine Welt), aber einige seiner Tracks schätze ich dafür, daß sie so repetitiv wie mitreißend sind. „Back Door Man“ z.B. hat einen Groove, der auch über 20 Minuten tragen würde. (Ich habe den Song zuerst von den Doors gehört, aber das Original ist besser.)
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To Hell with Poverty