Re: Howlin‘ Wolf

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Daniel_Belsazar

Der mittlerweile, auch gut, und gerne, 40 Jahre alte also „olle“ neue, Journalismus hatte ja den revolutionären Vorteil dass er auf eine geregelte Zeichensetzung, verzichten konnte. Unter anderem das, machte ihn so cool.

Ganz davon abgesehen, dass viele in dieser Schublade lose gesammelten Texte in der Zwischenzeit dem ein oder anderen doch sehr stark zeitgebunden und damit als altes Gebäck vorkommen mögen. Manches damals Neue hat gar Schimmel angesetzt und ist vielleicht noch für unerschrockene Historiker interessant, die ja beim Sezieren berufsmäßig über geistige Handschuhe verfügen müssen.

Darüberhinaus ist es sachlich bestenfalls ein Missverständnis, WDs Werk in die Tradition des „New Journalism“ zu stellen. Die dort als radikal neu begriffene Subjektivität muss vor dem Hintergrund der auch in dieser Ausrichtung unerlässlichen Faktentreue und positivistischen Beobachtung gesehen werden, die im amerikanischen Journalismus grundsätzlich eine sehr viel größere Rolle spielt als im europäischen, noch dazu bei dem auf dem Kontinent fast auschließlich auf reflexive Metaebenen ausgerichteten Kulturjournalismus. Als guter Europäer kann WD gar nicht anders, als diesen Hintergrund immer wieder aufs Neue aufzustoßen, so sehr er sich vielleicht auch außerhalb wähnen möchte: „>Ups< , sagt das Gymnasium, >da bin ich wieder<." Das ist ein Dauerschluckauf, der geht nie wieder weg. In der Regel verfügten dazu die schreibenden US-Protagonisten des fraglichen Journalimus über erheblich mehr stilistische Varianten als WD dies mit seinen ständig wiedergekäuten beiden Erkennungsmerkmalen - naive elliptische Zuspitzungen ("Ellipsen? - Geschenkt!": Er weiß also noch nicht einmal, was er tut: Professionelle Todsünde - ach, nein warte ... Genialische Intuition!) und gewollte, in der Häufigkeit aber zwanghaft beliebig wirkende Anglo-Einstreuungen - auszeichnet. Auf sprachlich simplere und ungeschulte Gemüter mag dies eine Zeitlang beeindruckend wirken, vielleicht auch und gerade aufgrund der eigenlöblerischen Penetranz, mit dem dieser "Stil" - so man es denn so nennen möchte - durchgehalten wird. Professionelle Schreiber, wie es Popmuseum nach eigenem Bekunden ist, sehen dies häufig ganz anders. Er hat seine Kritik an dem fraglichen Artikel im übrigen sehr klar, sachlich nachvollziehbar und überprüfbar formuliert und keineswegs "fast pervers" gefeiert. Das ist was anderes, aber wie so häufig deckt sich nach einem bekannten Bonmot auch bei dir der Fakt, keinen Gedanken zu haben, mit der Unfähigkeit, ihn auszudrücken. New Journalism, hm? Woher nimmst du eigentlich die Chuzpe, diesen Begriff offensichtlich ziemlich unbeleckt von der ausreichend reflektierten Kenntnis der "Zeiten, Abläufe und Umstände" zu benutzen? Glaubst du, das merkt keiner? Mach's doch einfach mal ne Nummer kleiner. Authentisch? Bei aller Wanderfreudigkeit an Originalschauplätzen: You must be joking.Ganz ernsthaft: Willst Du mich mit diesem Beitrag der vor genau der Arroganz nur so strotzt, die mir ewig vorgeworfen wird, vielleicht verarschen? Glaubst du wirklich, ich habe keine Ahnung wovon ich rede? Dass ich ganz offensichtlich mit Begriffen jongliere, deren Bedeutung ich nicht kenne? Natürlich bin ich kein Fachmann und erst Recht kein professioneller Schreiber, aber was New Journalism ausmacht, das habe ich gerade noch verstanden. Zwar habe ich den Beitrag über Howlin' Wolf an keiner Stelle als das ultimative Beispiel für New Journalism angeführt, sondern beschrieb lediglich, welche Art von Musikjournalismus ich bevorzuge. Dennoch gibt es sehr wohl einige Artikel Doebelings, die ebenso wie vieles von Kent oder Bangs in der Tradition des New Journalism stehen, zumal er im Gegensatz zu vielen anderen Journalisten auf persönliche Eindrücke und Begegnungen zurückgreifen kann - ganz anders als manche seiner oftmals abschreibenden, wiederkäuenden und aufstoßenden deutschen Kollegen. Hier geht es um mehr als stilistische Spielereien, womit wir wieder beim New Journalism wären. Sorry, dass ich mit meiner simplen Ausdrucksweise Deinem hohen Anspruch nicht genügen kann, zumindest hast Du die Leser des RS, die Doebelings Beiträge schätzen (dazu gehöre auch ich) als "sprachlich simplere und ungeschulte Gemüter" bezeichnet, vielleicht kann popmuseum mein Geschmiere für Dich übersetzten und stilistisch ansprechender gestalten. Authentisch? Jawoll, Du kannst Dein Wissen ja weiterhin von DVDs beziehen und in Kursen über New Journalism verbreiten und noch hundertmal den Witz mit den elliptischen Zuspitzungen erzählen, vielleicht lacht jemand.

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