Re: Coldplay – Viva La Vida

#6523317  | PERMALINK

nail75

Registriert seit: 16.10.2006

Beiträge: 45,074

Peinlich und falsch. Stadionrock findet sich höchstens auf X&Y. Und ich kann die Lieder sehr gut auseinanderhalten.

Der ständige U2/Coldplay-Vergleich hinkt auch, denn wer Coldplay mit U2 gleichsetzt, unterliegt einem krassen Missverständnis. Der Unterschied könnte doch kaum größer sein. Auf der einen Seite die katholischen Iren, hochpolitische, ja zwangsweise politisierte Menschen, die mit den großen Fragen der Welt kämpfen. Jung, aktionistisch, revoluzzerhaft, aber stets modern und strategisch denkend. Dazu der religiöse Gehalt: U2 als Predigergruppe, als Kreuzzügler für die gute Sache (natürlich!). Als typische Katholiken perfekt in der Inszenierung ihrer prozessionsartiger Auftritte. Sie haben den Anspruch weltumspannende Musik in allergrößtem Maßstab zu machen. U2 funktionieren nur in der Größe, im Stadion, in riesigen Hallen. Ein U2-Konzert in einem kleinen Club ist eine fast absurde Vorstellung.

Auf der anderen Seite Coldplay: Protestantisch, studentisch, verinnerlicht, empfindsam. Politik spielt keine Rolle. Sie sind am Besten als filigrane Ästhetiker, als Meister der leisen Töne. U2 machen Musik, die die Zuhörer aufrüttelt, Coldplay machen Musik zum darin Versinken, zum Eintauchen, zum darin Aufgehen. Auch sie predigen, aber nicht prozessionshaft wie U2, nicht mit technischen Gimmicks unterlegt. Sie verkörpern Musik, die nur aus sich selbst lebt, im Grunde sehr konservativ, jedenfalls nicht weltverändernd. Coldplay sind in gewissem Maß puritanisch, auch wenn sie mit dem Stadionrock flirten. Das ist aber eigentlich nicht ihre Art, denn sie wollen das Innere nach Außen kehren, während U2 das Äußere mit dem Inneren verschmelzen wollen.

--

Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.