Re: AotW: Randy Newman – 12 Songs

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nail75

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waUm mal bei „Old Kentucky Home“ zu bleiben. Zynisch ist die Figur, die Newman verkörpert. Jemand, der seine Familie verhöhnt, der Lächerlichkeit preisgibt, den Unzulänglichkeiten und Tragödien nicht kratzen, hauptsache er selber ist „alright“. Letztendlich wird der Zyniker bloßgestellt, nicht seine Umgebung. Wenn diese Empathie seitens Newman kein Humanismus ist, was dann?
Diese schon oft widergekäute Behauptung, Newman sei ein Zyniker scheint mir aus der Zeit seines größten kommerziellen Erfolgs, nämlich „Short People“ zu stammen.
Graham Parker, selber kein Riese, zeigte sich begeistert von dem Song. Er glaubte, ein Leidensgenosse prangere die Klischees über kleine Leute an. Als erfuhr, daß Newman alles andere als kleinwüchsig ist, war er ziemlich erzürnt, da er nun der Annahme war, Newman mache sich in zynischer Art und Weise über körperliche Handicaps lustig. Doppelter Irrtum.

Ich will jetzt ja nicht Newmans gesamte Karriere diskutieren, eigentlich soll es ja um „12 Songs“ gehen, aber den Zynismus auf Alben wie „Sail Away“ oder „Good Old Boys“ kann man doch nicht übersehen. „God’s Song“ oder „Political Science“ sind ja nicht weniger zynisch als „Short People“.

„Old Kentucky Home“ macht sich ja in ziemlich fieser Weise über den von Stephen Foster 1853 geschrieben „state song“ von Kentucky lustig. Was auch immer die ursprünglichen Intentionen von Foster gewesen sein mögen, Newman war das Plantagenleben-Szenario offensichtlich zu harmonisch und er hat es benutzt, um ein etwas anderes Bild des Südens zu zeichnen. Sicherlich wollte er auch die Hauptfigur des Liedes bloßstellen, aber noch viel mehr die weiße Familienidylle des Südens, der ihn ja lebenslang beschäftigt hat.

http://en.wikipedia.org/wiki/My_Old_Kentucky_Home

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.