Re: Nirvana Best of

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fetenguru

Registriert seit: 17.07.2002

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Dauertrauerarbeit

Nirvana
Motor/Universal

Rock: Die Best of mit Singles, Beinahe-Singles und jenem berühmten „verlorenen“ Song. Kein Grund zum Traurigsein.

Wie eine edle Trauerbroschüre sieht diese CD aus, silberner Schriftzug auf blankem Schwarz, Schwarzweißfotos, Schlichtheit und würdige Linernotes von David Fricke. Schön, das, aber irgendwie fast irritierend gravitätisch. Nein, Nirvana hatten nie viel mit Spaß zu tun, eine fatalistische, morbide Aura hat die Band auch in ihrem unbeschwerteren Momenten immer umgeben. „Und seit Kurt Cobains unplanmäßigem, aber stimmigen Tod läuft die Stilisierungsmaschine, die ihn als geschundenen Rock-Messias vermarktet, wie geschmiert…“ – könnte man unterstellen, und sicher gibt es tatsächlich Leute in irgendwelchen Etagen, die so zynisch denken. Aber sich im Zusammenhang mit Nirvana und ihrer Musik ständig in solchen Piefigkeiten zu verlieren wird beiden nicht gerecht. Das man sich um „You know you’re right“ zu bekommen, das ganze Album voller ansonsten bekannter Songs (der bisher unveröffentlichte Scott-Litt-Remix von „Pennyroyal Tea“ unterscheidet sich nur unmerklich vom Original) kaufen muss – stimmt ja. Aber dass die Musikindustrie keine Wohlfahrtsorganisation ist, ahnen wir ja jetzt doch schon eine Weile. Sollten Courtney Love oder wer auch immer halt dies paar Euro auch noch haben. Oder eben nicht. Man entscheide selbst.
Fest steht: Die 15 Songs auf dieser Platte gehören in ihrer schieren Kraft und ihrer entwaffnenden Schönheit zum großartigsten, was die Rockmusik je hervorgebracht hat. Dass der, der sie geschrieben und gesungen hat, mit ihnen nicht froh werden konnte und mit seinem Namen dieser tage wieder viel Unsinn veranstaltet wird, sollte niemandem die Freude an ihnen vermiesen.
******, was sonst?

© Josef Winkler, Musikexpress, Dezember 2002, Seite 78

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LARS ist nur eine Abkürzung: Like A Rollin' Stone