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Dexys – „One Day I’m Going To Soar“
(Buback/Indigo, erscheint am 15. Juni)
Auf den Tag genau vor zwei Monaten legte ich erstmals in meinem Leben bei einer Hochzeit zweier junger, zukunftsfreudiger Menschen Schallplatten auf. Der Frondienst wurde ordentlich bezahlt, nur die Gäste störten. Da ich darauf verzichtete, Zettel für Songwünsche auszulegen, schrie man mir die Anfragen direkt ins Ohr. Aus Langeweile zählte ich Graf-Zahl-mäßig mit: „Unser EM-Song von den Toten Hosen“ (8x), „Joanna, du geile Sau“ (4x), „was zum Abgehen“ (3x), „Das rote Pferd“ (3x), „etwas, das die Allgemeinheit aus dem Radio kennen könnte“ (2x), „AC/DC“ (1x). Gegen 5 Uhr morgens wünschte sich eine zwar vergnügte, aber auch vollkommen geschaffte Matrone „‚Come On Eileen‘, ich weiß aber nicht, von wem das ist!“, und ich dachte noch: „Mann, wie sehr würde es diese Frau wohl nicht interessieren, dass die Dexys (ehemals Midnight Runners, aber noch immer ohne Apostroph!) nach einhundert Jahren mal ein neues Album aufgenommen haben.“ Und so war es dann auch. Das Schönste an „One Day I’m Going To Soar“ sind nicht etwa die Entsagungen und wieder erwachten Sehnsüchte des genialen Gefühlsmenschen Kevin Rowland, sondern die Tatsache, dass Andreas Banaski 30 Jahre nach „Too-Rye-Ay“ eine flamboyante Besprechung für den deutschen „Rolling Stone“ verfasst hat. Dazu natürlich „Now“, das glühende „Free“ und Kevin Rowlands Wunschträume und Gelüste, die mich – sexuelle Präferenzen des Künstlers hin oder her – immer ein wenig an David Dobels Erstgespräch mit dem Mental-home-Psychiater aus Woody Allens spätem Meisterwerk „Anything Else“ erinnern: „I wanted this girl and she left me.“ – „Well, we have to look into that.“ – „There’s nothing to look into, I wanted her and she left me.“ – „Well, why are you feeling so intense?“ – „Cause I want the girl!“ – „What’s underneath it?“ – „Nothing.“ – „I’ll have to give you medication.“ Der schiefe Soul, die ausgeschlagenen Zähne, die Hautunreinheiten und die Unmöglichkeit umzukehren: Hätte Kevin Rowland Erfolg gehabt, wäre diese Platte kein Wunder der Neuzeit geworden. (8) Jan Wigger
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