Re: Tindersticks – The Hungry Saw

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nikodemus

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Meine Erwartung an eine neue Tindersticks LP waren im Grunde relativ gering, waren doch „Can Our Love“ oder „Waiting For The Moon“ zwar anständige Alben gewesen, richtig zu begeistern wussten sie indes aber genauso wenig wie Stuart A. Staples Solo-LPs. Nach den ganzen Vorschusslorbeeren wuchs meine Hoffnung auf eine Rückkehr zu den Großtaten.

Nach dem veschrobenen Piano-Instrumental Einstieg wusste „Yesterdays Tomorrows“ zu gefallen, gerade der Anfang ließ aber auf eine abermalige Soulplatte schließen. Dem war natürlich nicht so, im tollen Refrain gefiel dann doch das subtile Bläserarrangement wie auch der Flöteneinsatz. „The Flicker Of A little Girl“ ist dann reinster Twee Pop in bester Belle & Sebastian Tradition. „Come Feel The Sun“ in bescheidener Klavier und Cellountermalung ist dann der erste Höhepunkt, Stuart singt zärtlich wie eh und je, sehr bewegend. Auch das nächste Instrumental hat Swing, soult und groovt als wären Tindersticks in den seeligen Stax Tagen hängen geblieben.

Ab „The Other Side“ gibt es dann doch einen leichten Richtungswechsel, weg vom griffigen Ohrwurm, hin zur Melancholie, die kaum einer so beherrscht wie Staples, ohne im Kitsch auszurutschen. Der Titeltrack hebt nochmal das Tempo an und erinnert an „Simple Pleasures“ Zeiten nur in besser. Die oft gelobten letzten Tracken erschrecken erstmal mit der völligen unpassenden Platzgitarre von Fraser zu einem unmelodischen Lamenta.. ja wenn da nicht das Ende wäre, welches aus „Mother Dear“ doch noch einen spannungsgeladenen Track macht. „Boobar“ ist dann wieder allfeinster Pop mit einem unnötigen Call & Response Ende, welches wohl für noch etwas mehr Dramaturgie (als hätten das tindersticks nötig) sorgen soll.
„All The Love“ breitet sich dann völliger Reduktion aus, das hübsche esoterische Wimmern nehmen wir doch gerne vor dem großen Finale mit. Da, ganz am Ende, wartet dann doch noch das große Orchester, der große Refrain, die große Sinnsuche. Nachdem ich das Debüt aufgelegt habe, fällt einem dann doch auf, dass da kleine Welten dazwischen liegen, wenngleich „The Hungry Saw“ wohl wirklich die beste Tindersticks LP seit „Curtains“ ist.
In der Summe läuft das auf plusminus * * * * hinaus, die Zeit wird dann entscheiden, ob das Sternepegel noch nach unten oder oben ausschlagen wird.

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