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Anonym
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lathoAllerdings. Üble Geschichte.
Ja, besonders arg ist, dass beide für die Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Mädchen maßgeblichen Sachverständigen, Erwin Lazar und Hermann Frischauf, persönlich befangen waren, weil beide in einem persönlichen Nahverhältnis zur Familie Schwarzwald (= Loos‘ engster Freundeskreis – und vermutlich sogar zu Loos selbst) standen.
Zwei Details, die das belegen:
Hermann Frischaufs Nichte Else Pappenheim besuchte zwischen 1921 und 1929 die Schwarzwaldschule, wo sie laut eigenen Angaben einen Freiplatz hatte, da Hermann Frischauf, der Schwager ihres Vaters, der Arzt von Herrn Schwarzwald war, und Eugenie Schwarzwald Pappenheims Urgroßmutter Henriette Goldschmidt verehrt habe.
Erwin Lazar war wiederum Bruder der 1895 geborenen Maria Lazar, die als Absolventin der Schwarzwaldschule um 1920 als Lehrerin in einem zu den Schwarzwaldschulen gehörenden Landerziehungsheim gearbeitet hat und laut Elsa Björkman-Goldschmidt zum inneren Zirkel von Schwarzwalds rundem Tisch gehört hat.
Sofort nach dem Urteil wurden die acht- bis zehnjährigen Mädchen und ihre Eltern unter Aufsicht der Jugendfürsorge gestellt, wobei für die Neunjährige sogar die Einweisung in eine geschlossene Erziehungsanstalt erwogen und initiiert wurde, wozu es allerdings dann doch nicht gekommen ist.
Der Prozess war eine Farce, die einen beschämt, weil sie zeigt, dass selbst für sich sozial und human (aus)gebende Menschen, wie Karl Kraus und Eugenie Schwarzwald, Recht und Gerechtigkeit bloß leere Versprechen waren, die sie nicht (ein)gehalten haben.
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