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Nach nochmaligen Durchlesen, was ich heute nacht geschrieben habe, möchte mich für den etwas arroganten, motzigen Ton entschuldigen. In der Sache steh ich zu meinem Beitrag, aber der Tonfall war zu oberschlau, Sorry.
Ich bin jetzt im Wochenende und das erste, was ich gemacht habe, ich habe mir die Scheibe noch mal in Ruhe zu Gemüte geführt. j.w. muss eine andere Auflage von dem Album haben : ). Aber er hat auch mehr Ahnung davon. Aber gerade die von ihm erwähnte Geschlossenheit finde ich nicht. Die Platte hat große Qualitätsschwankungen. Und noch was vorweg. Das Ganze hätte eine wirklich tolle Single abgegeben: Eminence Front/I´ve Known No War.
Athena: was sofort auffällt, Roger Daltrey ist stimmlich nicht auf der Höhe. Statt einer guten gibt es 3 uninteressante Melodien. Der Text schrammt an juveniler Liebespoesie vorbei. Flop.
It´s Your Turn: das wär sogar auf Quadrophenia mit durchgerutscht. Gefällt, die Leadgitarre ist auch wirklich im Klang und Spiel „Quadrophenialike“. Townshends Text befasst sich mit Identität und das Thema hat er auch am besten drauf.
Cooks County: hätte ein gutes Lied werden können, aber verflixt nochmal, immer ist da ein Beat zu viel, holprig und zu allem Überfluss auch noch mit Klimperkeyboards. Der Refrain „Song Goes On“ klingt da wie eine Drohung, soll wohl auch eine sein. Der Text für mich ein Tiefpunkt des gesamten Whoschaffens. Ständig wird wiederholt, dass die Leute hungrig sind. People are Hungry. Ja, richtig.
It´s Hard: schon wieder diese Synthies, die sich anhören wie eine Mischung aus künstlichen Strings und Farfisa. Da war man 1982 aber deutlich weiter. Unbekümmert wird in die Tasten gegriffen, ich nenn´s herumgeklimpert. Im Vergleich mit Keith Monn fällt der Drummer unangenehm auf, nämlich garnicht. Und wieder frage ich mich: was ist mit Daltreys Stimme los? Das kann doch nicht nur am Wischi-Waschi-Mix liegen. Text. ja, It´s Hard.
Dangerous: ist so dangerous wie ein schlafendes Kind. Noch ein letztes Wort zum Keyboarder. Nur die Melodie mitklimpern reicht nicht, egal ob das nun John Entwistle ist oder die Verstärkung Tim Gorman. Immerhin ein schöner Text: ob Furcht nun wirklich der Schlüssel zur Seele ist, das glaub ich weniger, aber nachdenkenswert sind die Lyrics schon.
Eminence Front: ja, es geht doch. Leicht Pink Floydisch, reggaeartig, treibend, nicht so vollgestellt mit ünnötigen Instrumentaleinlagen. People hide behind an eminence front. Das gilt.
I´ve Known No War: Roger hat seine Stimme wiedergefunden. Und Kenney Jones seine Drums. Klasse akzentuierter Marschbeat, satt durchgeschlagen. Gänsehautfeeling auch durch den Text, der im übrigen nichts von seiner Aktualität eingebüsst hat. Die Gefahr eines Nuklearkrieges besteht nach wie vor.
Mit dem Rest mach ich´s kürzer, denn es schleicht sich nach den letzten 3, 4 stärkeren Stücken ein Element ein, bei dem mir ganz anders wird: Weinerlichkeit.
One Life´s Enough: ist eine Schnulze, vergetragen mit zu hoher Stimme.
One At A Time: hat zuviel Leadgitarre, ist nicht gut und nicht schlecht und das ist mit das schlechteste, was man über Musik schreiben kann.
Why Did I Fall For That: larmoyant, übelst. Immerhin haben sie genug Klasse, sich das selbst einzugestehen. „we´re impotent and neutered like whining cats“. Genau.
Dann säuft die Platte endgültig ab:
A Man Is A Man: Ein schöner Anfang, aber der Refrain ist sowas von belanglos. A Man Is A Man. zum Ende hin kann sich die Band nicht zwischen schnell und langsam entscheiden : ). Au Backe!
But You Can Cry If You Want: eine middle-age-crisis-Lyrik, die mich textlich ein wenig an einiges von Ray Davies erinnert. Aber das hätte Ray Davies nicht gemacht: gefühlte 100mal die Zeile „Cry If You Want“ wiederholt und uns das als Refrain verkauft.
„Cry If You Want“. Das lässt sich auch auf die Platte beziehen. Leider.
Aufgewertet wird die mir vorliegende CD-Version mit 4 kraftvollen Liveaufnahmen.
Roger Daltrey hielt die Platte für reine Vertragserfüllung und „I´ve Known No War“ für das einzig wirklich gute Stück. Dem schließ ich mich an. Ich glaube, der gute Pete Townshend denkt etwas anders über das Album. Das Album polarisiert. Im US Rolling Stone gab es gar eine 5 Sterne Bewertung.
Ich gebe 1,5 Sterne. Wäre mehr vom guten Mittelteil drauf gewesen, hätten es mehr werden können.
Aber ich hör die Scheibe jetzt immerhin zum 2. Mal hintereinander und es ist doch eigentlich ganz schön, sie sich nochmal in Ruhe reinzuhören. War doch nicht so harte Arbeit wie gedacht und ich bin wieder „auf Stand“. Dafür danke ich j.w. und Dennis Blandford. Eine schwache Who ist immer noch interessanter als das meiste andere.
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