Re: Pro & Contra Smileys und Emoticons

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wolfgang-doebeling
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KICKS ON 45 & 33

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Daniel_BelsazarDas hat schon etwas – vielleicht sogar leicht anrührend – Komisches, wenn ein langjährig bekennend anglophiler Popmusik-Publizist sich gedrängt fühlt, zum Gralshüter der deutschen Hochsprache aufzusteigen, finde ich. Und dann handelt es sich ausgerechnet noch um jemand, dessen Schreibstil bisweilen an den gebellten Kasernenhofton preußischer Juncker erinnert, wie man ihn heute nur mehr als Zerrbild aus Filmen kennt, und vielleicht noch aus Kommentaranleitungen der Bild-Zeitung („Kurze Sätze! Knapp. Verstehen die Leute besser!“). Ach Entschuldigung, „pointiert“ heißt das ja bei den feineren, nicht ganz so bildungsfernen Blättern. Zum sprachlichen Lordsiegelbewahrer des deutschen hochliterarischen Feuilletons wird das jedenfalls nicht mehr reichen, I presume. Und warum denn auch? Wir kochen doch alle nur mit Wasser (3 Euro? – Ja, 3 Euro), und es geht nur um ein klein bisschen Unterhaltung(smusik). Does anybody remember laughter?

Na also, geht doch. Ein anrührender Text, der seine Komik ganz ohne Smileys zur Entfaltung bringt. Weil er originell ist. Abstrus, aber originell. A bleedin‘ first, wie wir anglophilen Junker preußischer Provenienz zu bellen pflegen. Schade bloß, daß ich erst tausende Seiten im Kasernenhofton füllen mußte, bis das auffiel. Die über meinen Schreibstil Klage führenden Leser – und es gab derer viele – bemängelten ja im Gegenteil groteskerweise die, nun ja, bisweilen weit ausholenden Sätze und obendrein einen als lästig empfundenen Gebrauch fremder Worte. Nein, nicht der englischen. Und dabei gehorchten meine armseligen Formulierungsübungen nur den Kommentaranleitungen der „Bild“-Zeitung. Versteht sich, daß dem „deutschen hochliterarischen Feuilleton“ (ein irrer Witz im Witz!) keine Wahl bleibt als meine so inständig wie hartnäckig vorgetragene Bewerbung für die Gralshüterstelle abschlägig zu bescheiden. Nicht einmal den eigentlich noch vakanten Job des Lordsiegelbewahrers traut man mir noch zu. Ich werde mich mit dem kleinen bißchen Unterhaltungsmusik trösten müssen, das ich im Unverstand zusammengetragen habe. Die Moral: Pop-Publizist, bleib‘ bei Deinen Leisten und bell‘ wie Du es gelernt hast. Ein Schuss vor den Bug zur rechten Zeit. Wäre sonst gewiss größenwahnsinnig geworden. Du hast mir beigebracht wie man Demut buchstabiert. Danke, Daniel.

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