Re: Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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claraschumann

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5. Fanny Mendelssohn Bartholdy – Klaviertrio d-Moll op.11


»Daß man übrigens seine elende Weibsnatur jeden Tag, auf jedem Schritt seines Lebens von den Herren der Schöpfung vorgerückt bekömmt, ist ein Punkt, der einen in Wuth, und somit um die Weiblichkeit bringen könnte, wenn nicht dadurch Übel ärger würde.«

Es war die patriarchalisch geprägte Gesellschaft des 19. Jahrhunderts welche die Grundlagen bildete auf der sich die Lebenslinien der beiden herrausragenden Musiker- und Komponistinnen der Ära der Romantik aufbauten und einprägten. Clara Schumann und die 14 Jahre ältere Fanny Mendelssohn waren Freundinnen, beide hochbegabte Musikerinnen und doch so grundverschiedene Menschen, wie es letzten Endes auch ihre Biographien wurden.

Fanny wurde 1805 als ältestes Kind in die großbürgerliche und aufgeklärt-kultivierte, jüdische Familie Mendelssohn geboren und erhielt die selbe musikalische und schulische Ausbildung wie ihr vier Jahre jüngerer Bruder Felix. Der Vater lehrt sie Mathematik und Französisch, die Mutter gibt Stunden in Deutsch und Literatur, Kunst und Musik. Dreizehnjährig konnte das Mädchen schon die 24 Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier von Johann Sebastian Bach auswendig vortragen. Auf die umfassende Bildung, die Fanny genoss, wurden jedoch sofort familiäre Restriktionen verlegt. Obwohl sich das Familienoberhaupt Abraham Mendelssohn ganz im Vorbilde seines eigenen Vaters Moses gab, so blieb er in seiner Haltung gegenüber der gesellschaftlichen Position der Frau gegenüber erzkonservativ.
“Die Musik wird für Felix vielleicht zum Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbass Deines Seins und Tuns werden kann und soll…” schrieb er 1819 an seine 14jährige Tochter Fanny.
Diese Haltung beruhte auf der Einstellung der bürgerlich-akademischen Kreise, dass es für eine Frau von Fannys Stand nicht schicklich war, überhaupt Geld zu verdienen. Konzertiert werden durfte sehr wohl, jedoch nicht in der Öffentlichkeit und keineswegs für Geld. Auch dem Veröffentlichen eigener Werke haftete nicht nur Ruhm und Ehre, sondern in erster Linie das Bestreben, Geld zu verdienen, an.

Die tiefste Bindung die Fanny in ihrem Leben führte, war wohl die zu ihrem Bruder Felix. Obwohl er sich auf der „gewerblichen“ Ebene nicht anders verhielt, als die anderen Männer in ihrem Leben (d.h. er verbot ihr das öffentliche Konzertieren und erklärte sich auch in seiner ranghohen Position als einflussreicher Berufsmusiker eine ganze Weile lang nicht dazu bereit ihre Werke zu veröffentlichen), war die geschwisterliche Zuneigung und der gegenseitige Respekt auf der persönlichen, menschlichen Ebene doch so groß, dass die Beziehung von Zeit zu Zeit übereifrige Biographen fast schon als inzestuös ereifert wurde, was natürlich völliger Quatsch ist.

Trotz der zunehmend resignierenden Haltung Fannys, à la „Was soll ich komponieren, wenn’s doch eh niemanden interessiert“, brachte sie es auf mindestens 500 eigene Werke, die allesamt ihr herrausragendes pianistisches Talent aufzeigen.
Im Jahre 1846 endlich gelang es ihr sich von den gesellschaftlichen Zwängen zumindest soweit zu befreien, dass auserwählte Lieder von ihr zusammen mit Werken von Felix unter dessen Segen veröffentlicht wurden, doch diese Entscheidung kam für beide viel zu spät.
Felix erlitt im April ’47 einen ersten Schwächenanfall, bei einer Chorprobe einen Monat später verliert Fanny während eines Sonntagskonzertes im Elternhaus das Bewusstsein, ein herbeigerufener Arzt diagnostiziert einen Gehirnschlag bei der 41-jährigen Frau. Noch am selben Abend verstirbt sie an dessen Folgen.
Ihr Bruder erholt sich von diesem Unglück nicht mehr und überlebt seine geliebte Schwester nur um ein halbes Jahr. Im November ’47 folgt er ihr durch einen Schlaganfall nach.

Was Fanny Mendelssohn als Komponistin betrifft hat sich die musikwissenschaftliche Forschung seit den 1970er Jahren ihr wieder verstärkt zugewandt. Jedoch steht die vollständige Entdeckung, Bearbeitung, Interpretation und historisch-kritische Publikation ihrer Werke und Schriften noch aus.
Das hier vorgestellte Werk ist erhältlich auf einer Aufnahme des Abbeg-Trios, zusammen mit Werken von Felix.
Wo Clara meistens rauh und ernst, mit Ecken und Kanten spielt, legt Fanny mit Leichtigkeit, Fröhlichkeit und Wärme los. Sie klingt sanft, aber immer klug und es ist eine Freude zuzuhören!!!

So, das musste ich jetzt noch loswerden, mindestens bis nächsten Montag ist hier vorerst Schicht im Schacht :-)

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