Re: Travis

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mistadobalina

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Zur Info hier die Kritik der SZ:

Gefühl ohne Konsequenz
Travis mit zu wenig Ansprüchen in der Tonhalle

Es geht los mit einem ironisiert-bombastischen Auftritt. Das Saallicht erlischt, und gleich zwei berühmte Fanfaren werden eingespielt: die von „20th Centuty Fox“ und anschließend „Gonna Fly Now“, das „Rocky-Lied“. Dazu bahnt sich die Band, gewandet in Boxermäntel, ihren Weg durch das Publikum auf die Bühne. Das fällt ihr nicht allzu schwer – die Tonhalle ist bei weitem nicht voll.

Kurz erwartet man Großes von Travis, einen Kampf um die Gunst des Publikums, doch es folgt kein Höhenflug, sondern der Auftritt einer freundlichen, lieben Band – die ihre besten Zeiten hinter sich hat. Dabei ist Travis nicht zu mögen so, als könnte man freundliche, liebe Katzenbabys nicht leiden. Doch genau dieses Image wird den Schotten jetzt – sie sind nach einer längeren Pause wieder mit einem neuen Album auf Tour – endgültig zum Verhängnis. Zwar sind die aktuellen Songs wieder einfach gut. Gütesiegel: schwelgerisch-melancholischer Britpop seit 1990. Es bleiben aber, vor allem live, zu viele tote Winkel und öde Momente, in denen der Musik Dringlichkeit, Gegenwart abgeht.

Die Lieder werden von Indiekids und Unternehmensberatern und jungen Ehepaaren und älteren Ehepaaren gleichermaßen gourmethaft goutiert. Große Gefühle sollen alle in derselben Weise befallen, deshalb muss die Musik zu sehr simplifiziert werden. Das Resultat ist Gefühl ohne Konsequenz: Kitsch. Die Nettigkeit ist zu herrschsüchtig, die Band stellt zu wenig Ansprüche. Eine Fanfare zum Abblasen hat gefehlt.

Sebastian Gierke

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When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)