Re: Europäischer Jazz

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katharsis

Registriert seit: 05.11.2005

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Das finde ich ja auch mal spannend zu lesen, dass das Piano für jemanden ein eher nebensächliches Instrument ist.
Ich muss mich immer eingewöhnen, wenn dieses für mich doch elementare Rhythmusinstrument fehlt. Manchmal geht das sehr gut (Rollins‘ Vanguard-Aufnahmen fallen mir ein und bei entsprechender Lautstärke Steve Lacy), manchmal kann ich damit aber auch nichts anfangen (Rollin’s „Way out West“ wiederum).
Noch seltsamer finde ich dann die Aussage, dass Du tejazz (Willkommen imForum) kein Rhythmusgruppen-Liebhaber bist. Wie kommt das, bzw. was verstehst Du raunter genau? Hörst Du hauptsächlich das Leadinstrument, oder die Bläser und weniger das „umgarnende“ Element?
Oder bezog sich das nur auf Trio-Aufnahmen?

Zu Jutta Hipp. Ihren bemerkenswerten Ruf haben die Aufnahmen wohl hauptsächlich wegen des obskuren Erscheinens und Verschwindens von Jutta Hipp selbst zu verdanken. Und natürlich durch die – auch für Blue Note – absolut untypischen Begleitmusiker ihres Erstlings.
Der gefällt mir insgesamt ganz gut, aber Sims (den ich insgesamt nicht so gut kenne) boppt sich ein bißchen durch alle Stücke, ohne großartige Erinnerungsschneisen zu legen. Lloyd nölt immer ein bißchen im Hintergrund. Hätte man sich sparen können. Auf „Almost being in love“ erinnert er mich an einen fahrigen Hubbard. Die Rhythmusgruppe funktioniert in meinen Ohren allerdings sehr gut, wenngleich wenig aus der Reihe passiert. Dazu waren die beiden wohl zu wenig miteinander vertraut um auch solistisch große Sprünge machen zu können. Hipp selbst finde ich ein bißchen hölzern. Ziemlich viele eckige Figuren mit der rechten Hand und eigentlich auch immer wieder ähnlich klingende Läufe.
Für die Bandzusammensetzung wohl ein ganz spannendes Unterfangen für die damalige Zeit, als musikalische Obskurität einer Randnote würdig, aber nicht unbedingt eines der besten Bop-Alben, die es gibt. Die Auswahl der Stücke ist doch ein wenig mainstream und ich finde es schade, dass auch die Balladen recht schnell genommen werden.
Trotzdem höre ich die Session ab und an mal ganz gerne, nicht zuletzt, weil es die einzige Frau – abgesehen von Shirley Scott – war, die je ein Instrument bei Blue Note spielen durfte.

Die „Hickory House“-Aufnahmen sind da um einiges besser, da sie nicht zuletzt pianistisch glänzen darf und so etwas wie einen femininen Bud Powell-Stil zeigt. Ich denke, dass die Umstände entspannter waren, was durchweg spürbar ist. Ihr „Dear old Stockholm“ ist eine meiner liebsten Versionen.

Auf folgende CD bin ich gerade noch aufmerksam geworden:
http://www.amazon.de/Frankfurt-Special-Jutta-Quintet-1954/dp/B000I2KJOM/ref=pd_sim_m_2
Die dürfte sich mit der „Cool Dogs“ überschneiden, oder?

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"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III