Re: Europäischer Jazz

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nail75

Registriert seit: 16.10.2006

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fuchsGenau das denke ich auch, Daniel.

In den USA war Jazz immer schon eine rein urbane Angelegenheit wie anfangs auch in Europa, hauptsächlich für ein weißes intellektuelles Publikum. Da haben sich beide Kontinente grundsätzlich auseinander entwickelt.

In Europa gibt es heute eine reiche Kulturszene auch in ländlichen Regionen und Kleinstädten, sozusagen eine Urbanisierung des Kontinents mit allen Vor-und Nachteilen. Hier sind die Wurzeln vieler Nachwuchsjazzer und hier kommen viele Impulse her.

In den USA hat es der Jazz nie aus den Städten heraus geschafft. In den politisch und kulturell wichtigen ländlichen Regionen der USA regiert bis heute konservatives Denken, militantes Christentum, Kultur findet so gut wie nicht statt. Und in den kulturellen Zentren der USA ist Jazz auf dem Rückzug, fast schon bedeutungslos geworden unter zahlreichen anderen Musikrichtungen, da dort Ethnien afrikanischer, asiatischer und lateinamerikanischer Herkunft die Musikkultur mehr und mehr prägen, die mehrheitlich keine Beziehung zum Jazz haben.

In der Tat würde ich die Zukunft des Jazz mehr in Europa ansiedeln.

Das sind sehr interessante Thesen. Du hast sicherlich damit Recht, dass Jazz eine primär urbane Musik ist. Und auch die These, dass dieser urbane Kontext in Europa breiter ist, stimmt wohl. Gleiches gilt für die Aussage, dass heute Jazz nur noch in ganz bestimmten Kleinstädten und ländlichen Regionen in den USA eine wichtige Rolle spielt. Ich frage mich jedoch, ob man diese These auch in Hinblick auf die 30er, 40er und 50er aufrechterhalten könnte. Damals wurde Jazz ja auch sehr häufig im Radio gespielt – wie war da die Rezeption in „small town America“. Ich weiß es nicht, aber es wäre mal interessant herauszufinden, ob es dazu Literatur gibt. Generell ist es immer besser, mit verallgemeindernden Aussagen in Bezug auf die USA vorsichtig zu sein.

Zum Rest später mehr!

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.