Re: Wer oder was definiert Soul?

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bullschuetz

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So, ich hab jetzt lange nachgehört, nachgedacht und nachgelesen und bin zu folgender Überzeugung gekommen:

1. Sowohl „From Elvis in Memphis“ als auch „Dusty in Memphis“ sind natürlich in vielfacher Weise konzeptuell, interpretatorisch, arrangementtechnisch, personell und songwriterisch soul-grundiert, soul-affin, soul-beeinflusst, soul-informiert.

2. Aber bei beiden Platten ist der „Soul“ auch in vielfacher Weise gebrochen, in andere Zusammenhänge eingebettet. Es sind Anrufungen, Beschwörungen des Souls aus einer immer spürbaren, vor allem bei Dusty manchmal geradezu melancholisch anmutenden Distanz heraus. Ums mal geschwollen auszudrücken und einen irren Schiller-Vergleich zu ziehen: Diese Alben gehen mit Soul nicht „naiv“, sondern „sentimentalisch“ um.

3. Sie als „Soul-Alben“ zu führen, finde ich deshalb letztlich nicht ganz überzeugend. Oder allenfalls so überzeugend, wie Dylans „Love & Theft“ als Blues-Album zu bezeichnen. Kann man machen – aber ich habe das dumpfe Gefühl: Wer das tut, hat den Witz dieser Scheiben nicht kapiert.

4. Das Dusty- oder Elvis-Album gar an die Spitze einer Liste all der großen Soul-Alben zu stellen, die es gibt, finde ich nachgerade verstörend.

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