Re: Wer oder was definiert Soul?

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sonic-juice
Moderator

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Im Grunde ist das meiste zum Thema in diesem Thread in früheren Posts schon gesagt worden.

Nach meiner Wahrnehmung ist Soul schlicht die musikalische und thematische Fortentwicklung von Rhythm & Blues, also der schwarzen Popmusik, ab den 60ern unter anderem Marketing-Namen. In dieser Zeit entwickelten sich in verschiedenen musikalischen Zentren (Memphis, Detroit, Chicago, New Orleans, New York etc.) diverse Strömungen und Weiterentwicklungen, was etwa die Expressivität des Gesangs, die Grooves, Arrangements und Themen angeht. Funk lässt sich (jedenfalls bis in in die späten 60er noch) nicht von Soul trennen, sondern ist einfach eine bestimmte Art, wie der Track eines Soulkünstlers klang (Tempo, Arrangement, Interpretation, bestimmte instrumentale und stimmliche Phrasen). Bei einem Künstler wie Sam Cooke, Marvin Gaye oder Ben E. King, die im Laufe ihrer Karrieren unterschiedliche Phasen und Arrangements durchschritten haben, kann man nicht sagen, die eine Aufnahme habe nun ein paar Prozent weniger Soul als die andere, nur weil die Arrangements anders sind. Auch hat Curtis Mayfield nicht weniger Soul als Aretha Franklin, selbst wenn man in seiner Stimme weniger Gospel hört.

Wer eine „puristische“ Liste erstellen will, müsste sich daher an objektive Fakten halten, also etwa eine Top 10 Motown, STAX oder New Orleans-Produktionen oder einen Zeitraum abstecken. Gefühlte Kategorisierungen mit der Frage, ob nun Stevie Wonder, James Brown, Lee Dorsey oder der Philly-Sound schon oder noch „Soul“ sind, haben m.E. keine belastbare Grundlage, jedenfalls solange die „Roots“ der jeweiligen Künstler in der musikalischen Tradition von R&B/Soul noch erkennbar bleiben.

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