Re: Joe’s Elektro-Update

#5532175  | PERMALINK

flatted-fifth
Moderator

Registriert seit: 02.09.2003

Beiträge: 6,027

Ich will mal meine Frequenz erhöhen und zwei weitere Alben empfehlen, die ich damit jedem Interessierten wärmstens ans Herz legen möchte. Die beiden Alben sind dabei nicht ganz zufällig ausgewählt, beide verbinden zwei jeweils unterschiedliche Aspekte einer Sache und verschmelzen sie gekonnt zu einer homogenen Masse.

Laurent Garnier, Bugge Wesseltoft, Philippe Nadaud & Benjamin Rippert – Public Outburst [F Communications / PIAS]

Jazz trifft Techno, eine Kombination, die vielen die Haare zu berge stehen lässt. Dem Jazzer ist es zu gerade, dem Raver zu undurchschaubar. Menschen, die aber in beiden Welten zu hause sind, könnten allerdings durchaus Gefallen an diesem Album finden. Die sechs Aufnahmen sind allesamt live eingespielt worden – zwei davon übrigens auf dem c/o pop-Festival hier in Köln, um mal für dieses großartige Musikevent zu werben. ;-) DJ Laurent Garnier bestellt die Beats, die Keyboarder Wesseltoft und Rippert entwerfen dazu recht spacige und progressive Soundstrukturen, und Saxophonist/Flötist Nadaud improvisiert darüber gekonnt virtuos. Highlight des Albums ist gleich der erste Track „MBass“. Der verlangsamte Drum’n’Bass-Beat und die Rap-Einlagen von Gast Spleen erinnern stark an die legendären Progession Sessions von LTJ Bukeem & MC Conrad – ganz toll! Doch auch die übrigen Tracks halten das Niveau. Wer Bugge Wesseltoft und sein „New Conception of Jazz“ kennt, weiß um die Grenzerfahrungen, die der Norweger im Jazz immer wieder sucht. Hat er mir zuletzt bei seiner Kollaboration mit John Scofield nicht so gut gefallen, trifft er hier wieder voll ins Schwarze und lotet einmal mehr die Grenze zwischen dem Traditionalismus und der Moderne aus. Gelungen, wie ich finde.

Modeselektor – Happy Birthday [BPitch Control]

Auf der einen Seite sind Modeselektor zwei Draufgänger, die alles ausprobieren und auf die Probe stellen. Auf der anderen Seite sind sie aber auch sensible Soundtüftler, die einen wunderbar klaren Sound entwerfen können (ihre BPitch-Labelchefin Ellen Allien lässt grüßen). Auf Happy Birthday trifft beides zusammen – Anarchie und Struktur, Wahnsinn und Kalkül. Unterstützt werden sie dabei von illusteren Gästen, wie u.a. Apparat, Paul St. Hilaire, den Puppetmastaz, Thom Yorke und sogar Maximo Park. Bis auf das verzichtbare Maximo Park-Feature sind dabei alle Kollaborationen gelungen, vor allem der Dubstep-Track „Let your love grow“ mit Apparat und Paul St. Hilaire gehört zum Besten, was ich bisher dieses Jahr gehört habe. Ein weiteres Highlight ist das Scooter-Cover „Hyper Hyper“, das hier etwas augenzwinkernd recht clever neu in Szene gesetzt wird, und auch Thom Yorkes „The White Flash“ wird im feinsten Elektronika-Gewand zum Schlaflied für den Club. Ein ganz tolles Album mit Ambitionen, in meine diesjährigen Top10 zu wandern.

--

You can't fool the flat man!