Re: Hang the DJ Pt.2

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wolfgang-doebeling
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KICKS ON 45 & 33

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Gute Güte, ein Sturm im Wasserglas. War versucht, obiges Geschreibsel kommentarlos zu löschen, Begründung: Thema völlig verfehlt. Wie Mikko dankenswerterweise ausgeführt hat, ging es lediglich um seine unendlich harmlose Frage nach unseren Lieblingssingles deutscher Zunge. Die wurde beantwortet, von mir und otis. Eine Marginalie, gänzlich bedeutungslos: ein paar Singles, die wir noch ganz gerne hören. Beat-infizierte Petitessen die meisten, aber mit einem gewissen Pfiff, mit einigem Drive, naiv-charmant oder anderweitig angenehm. Und, sofern es sich um deutschsprachige Versionen englischsprachiger Titel handelt, keine Konkurrenz für die Originale.
Darauf eine Flut sachundienlicher Kommentare. Guenterdudda findet, das sei „Altherrenmusik“. Und Mey früher irgendwann einmal nicht unsäglich. Beides falsch. Weil das Erscheinungsjahr von 45s nichts über ihre Frische oder gar Qualität aussagt. Sonst müßten ja die neuesten Singles stets die besten sein. Ad Mey: immer schon klebrig und militant-spießig, anfangs als frankoschwüler Schmalzier (nannte sich Frederick mit Accents) und erklärter Rock’n’Roll-Hasser (seine Tiraden gegen „diesen amerikanischen Lärm“ und überhaupt „elektrische Gitarren“ klingen mir noch in den Ohren), inzwischen Aktivist des Vereins zur Pflege der deutschen Sprache, einer unappetitlichen Ansammlung von Kulturpatrioten, die „das wesensfremd Undeutsche“ im modernen Sprachgebrauch bekämpfen und für „Händi“ plädieren, weil „Handy“ zwar rein deutsch ist, aber eben nicht treudeutsch. Mey ist das aber bis ins Mark: treudeutsch. Zu Deiner letzten Frage, guenterdudda: nein, mit deutschsprachigen Singles ab 2000 kannst Du mich jagen. An Rossi: auch nach 1967 fällt mir nichts mehr ein. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. „Einsamkeit hat viele Namen“ etwa von Die Zwei. Oder „Nur geträumt“ von Nena (schwer zu glauben: die war tatsächlich mal fünf Minuten lang nicht peinlich).
Dann kommt wa und beklagt allen Ernstes, unsere Listen würden daran „kranken“, daß sie nichts „Originäres“ enthalten. Hört, hört. Im Übrigen sei Krautrock relevanter. Gut, daß Du uns das mal erklärt hast, wa, da wären wir von alleine nie drauf gekommen. Das „leider“ in deinem letzten Satz (Du hast Tangerine Dream und Techno vergessen) könnten wir immerhin unterschreiben. Wo wir freilich aus den von Dir als relevant erkannten Bereichen zehn deutschsprachige Lieblingssingles hernehmen sollen, erschließt sich mir nicht.
Weiter mit Mistadobalinas Einwand, „originäre deutsche Popmusik“ habe mehr in den Zwanzigern und Achtzigern stattgefunden: meinetwegen. Aber was hat das mit unseren Top10s zu tun? Mikko hat nicht nach den originärsten Singles gefragt, hat er? Mal abgesehen davon, daß der NDW-Kram kaum mehr zu unterbieten war in Sachen Albernheit und schierer Idiotie. Und abgesehen davon, daß guenterdudda das Vokabular ausgegangen wäre, hätten wir den kleinen grünen Kaktus von den Comedien Harmonists gelistet (rein theoretisch nur, denn freiwillig höre ich mir auch die ADW nicht an).
Was die gutgemeinten „Ergänzungen“ der Herren Santander, RipleysBlues, etc. betrifft: nein, nein, nein. Nichts davon ist hörbar. Lindenberg? Eine Witzfigur. Mitteregger? You must be joking. Biedere Kreuzberger Handwerkelei, samt Band. Je nach Saison mit Schnäuzer (Rock), rasiert („Punk“) oder mit Bart (Liedermacher). Rio Reiser? Naja, läppisch. Dietrich, Knef, Valente, Alexandra: keine „Schreckgespenster“, aber für mich nur von entferntem Interesse. Genug davon, die Top10s stehen. Nicht originär, dafür aber alt und verdammt irrelevant.
Weitere Meldungen zu diesem Thema bitte anderswo. Man könnte ja einen ebensolchen Thread eröffnen: Die besten deutschsprachigen Singles. Am besten im Vinyl-Forum, dort ist das Niveau höher. Was vielleicht die schlimmsten Entgleisungen verhindert. Fat chance, eh?

@ Dougsahm

Ihre Jazz-Adaptionen für Chess/Cadet mag ich nicht sonderlich, „Out Of Different Bags“ (* * * 1/2) noch am liebsten. Noch weniger gefallen mir die Blue Note-Aufnahmen der 70er Jahre bzw. die Columbia-LPs: Lounge Music, Cocktail Jazz, Disco gedämpft. Ein paar gute Singles hat sie indes schon gemacht, u.a. „Mercy Mercy Mercy“, bekannt von Cannonball Adderley.

@ Mistadobalina

Nicht „RS-Favs“, sondern nur aktuelle Playlists. Ich handhabe das so, daß ich einfach die zuletzt oft gehörten Platten liste, wenn Gerrit abruft. Die stehen praktischerweise direkt neben dem Plattenspieler. Zu Deiner Frage: ich liebe ihre Stimme, sehr mädchenhaft-melancholisch, bittersüß, fragil. Leider nur kurz in attraktivem musikalischem Gewand zu genießen. Auf den frühen, von Chips Moman produzierten Pop-45s vor allem, aber auch die beiden ersten LPs sind mehr als hübsch. Chet Atkins grundierte Sandys Stimme dann Country-kompatibel, weil sich Ende der Sixties das Marktsegment des songorientierten, subtilen, intelligenten Pop zu verflüchtigen schien, alles war plötzlich nur noch Sound (Psychedelia, Bubblegum, Soul, etc.). Sandy optierte also für Country, weil ihr das im Blut lag, ihrer Herkunft (Alabama) entsprach. Atkins machte noch zwei, drei gute, aber schwächer werdende Langspielplatten mit ihr, jeweils mit vereinzelt großartigen Tracks („Deep In Kentucky“, „Shades Of Gray“, etc.), aber dann begegnete sie diesem ominösen Burschen, dessen Einfluß (nicht nur, aber besonders) auf Musiker immer verheerend ist: Jesus. Fortan sang Posey frommen Erbauungskitsch: deprimierend.
PS: Von den Moman-Sides unbedingt die Mono-Ausgaben. Das Multitracking von Sandys Stimme in Zweikanal-Stereo ist eher unzuträglich.

Nachtrag: Hat, Du mußt Dich noch etwas gedulden. Die nächsten Fragesteller auch. Sorry.

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