Re: Allen Toussaint

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bmrberlin

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Konzert im Rahmen des Jazzfests, am 5. November 2006, im Haus der Berliner Festspiele

Das Seidenhemd gebügelt, die Stiefel geputzt – so mache ich mich auf den Weg in die Schaperstraße, zum Haus der Festspiele. Den Organisatoren des Jazzfests ist es gelungen eine Legende nach Berlin zu holen: Allen Toussaint, Jahrgang 1938. Sein Klavier ist auf Tausenden von Songs zu hören, von Fats Domino bis Lee Dorsey. Als Produzent hat er ungezählte Platten gestaltet, von Dr. John bis LaBelle. Sein bekanntester Titel als Komponist ist wahrscheinlich „Working in the Coalmine“ aus dem Jahr 1966. Unter seinem eigenen Namen hat er nicht sehr viel veröffentlicht. „Southern Nights“ oder „From a Whisper to a Scream“ aus den 70ern sind wunderbare Beispiele seines entspannten Gesangs und des„funky“ klingenden Pianos.
Vor den Höhepunkt des heutigen Abends haben die Veranstalter die „New Birth Brass Band“ gesetzt. Wir müssen eine gute Stunde ausharren, bis ER auftritt.
Für sein „Jazzitty“-Projekt hat sich Allen Toussaint fünf Begleiter mitgebracht, darunter auch seinen Sohn, der ihn an den Percussion-Intrumenten unterstützt. Wie der Name des Projekts sagt, soll mit dieser Band der Jazz im Vordergrund stehen.
Mr. Toussaint ist ein zurückhaltender, leiser Mann. Nach einer kleinen Verbeugung nimmt er am Flügel Platz. Seine Auffassung von Jazz hat nichts Experimentelles. Er bevorzugt die entspannt swingende Spielart. Wobei sich Bassist Chris Severin und Gitarrist Bill Solley als glänzende Solisten zeigen dürfen. Dann verlassen die Mitmusikanten die Bühne, und wir hören in ein paar klassische Rags. Wir verstehen, warum Allen Toussaint Professor Longhair als sein musikalisches Vorbild bezeichnet.
Schließlich ist es soweit: Mit „What do you want the girl to do“ leitet er den Teil des Abends ein, auf den wir alle gewartet haben. Jetzt bekommt auch Brian Cayolle am Saxophon Gelegenheit, sich zu präsentieren. Die Einleitung zu „Southern Nights“ ist etwas ganz Besonderes. Allen Toussaint erzählt von seiner Kindheit im Bayou: von alten Frauen, die Gott persönlich kannten; von Gespenstern und vom Mondlicht in den Bäumen. Natürlich ist das Konzert viel zu kurz. Durch anhaltenden Applaus ertrotzen wir uns Zugaben. Die Legende lebt!

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