Re: Mikkos Album des Monats

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mikko
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The Nightingales – Sentimental Hospital (CD, Hiljaiset Levyt / TUG Records, www.myspace.com/nightingalesband)

Besetzung:

Marko Kantola – lead vocals, bass, acoustic guitar, piano, keyboards, percussion
Ari Mäkitulkkila – drums
Pasi Pakarinen – guitars, keyboards, percussion, vocals
Jorma Pirttijärvi – piano, keyboards
Jukka Pirttijärvi – guitars, vocals

Trackliste:

01. Down Down Down
02. Sentimental Hospital (We Happy Alcoholics)
03. Could It Be
04. Sun
05. Thank You My Lord For Plastic
06. Don’t You Think He Was A Great Poet Too
07. Madman In The Rain
08. Geek Boogie
09. Senators & Slaves
10. Sparks
11. My Girl Loved Velvet Underground
12. Hard Working Man

Wenn man Bands und Platten nach persönlicher Sympathie bewertet, dann rangieren The Nightingales bei mir ganz weit vorn. Noch vor Travis und The Flaming Sideburns, aber auf gleicher Höhe mit Jalla Jalla, die aus derselben Stadt kommen wie die Nachtigallen. Vielleicht liegt es ja daran. Vielleicht sind Musiker aus so abgelegenen Regionen dieses Planeten automatisch liebenswerter. The Nightingales begannen ihre musikalische Karriere 1991 in Rovaniemi (Lappland) mit der Veröffentlichung einer 7“ Single auf ihrem eigenen Label. Und da in Finnland die Wege zwar weit sind, die Szenen aber überschaubar, fand diese Single Gehör beim finnischen Indie Papst Miettinen und gelangte so ins Programm des wichtigsten landesweiten Rundfunksenders. Die nächste Single erschien dann bereits beim kleinen aber feinen und vor allem renommierten Label Hiljaiset Levyt. Seither sind 15 Jahre vergangenen. Die Jungs in der Band gehen nach wie vor ihren bürgerlichen Berufen nach, haben zum Teil Familien gegründet, und nebenbei haben sie mit der vorliegenden immerhin fünf Langspielplatten veröffentlicht. Leider alle nur auf CD. In den Ferien gehen sie auf Tournee, so wie das andere Indie Bands auch machen. In Deutschland waren sie bereits zweimal. Und vor drei Jahren brachte Tug Records so eine Art „Best of“ der Band heraus. Die neue Platte erschien nun vor wenigen Wochen simultan hier und in Finnland. Musikalisch verweigern sich The Nightingales allen Trends und Schubladen. Das reicht von Vaudeville und Music Hall Klängen, die sehr an die Kinks Ende der 60er Jahre erinnern, über Anleihen bei Bowie und Bolan bis hin zu sentimentalem Pop, immer mit einem Augenzwinkern vorgetragen. Allein schon durch ihre eher altmodischen Arrangements und Instrumentierung mit Honky Tonk Piano, Omnichord und weiteren komischen Keyboards klingt die Musik anders als der gewöhnliche Indie Pop. In seinen Songs führt Marko Kantola seine Mitmenschen und Landsleute auf liebenswürdige Art vor. Auch darin seinem Vorbild Ray Davies nicht unähnlich. Allerdings balanciert Kantola nicht zuletzt durch seinen drolligen finnischen Akzent immer auf einem schmalen Grat. Und ein begnadeter Sänger ist er leider auch nicht. Sympathisch halt, aber nicht ergreifend. Die Melodien, die er singt, haben dennoch alle einen hohen Wiedererkennungswert und sind zum Teil richtig schön. „Madman In The Rain“ z.B. oder “My Girl Loved Velvet Underground” sind einfach großartige Popsongs. Aber wie gesagt, eh es zu gefühlvoll wird, kommt wieder ein ordentlicher Schuss Selbstironie. Dafür liebe ich die Platte. So unscheinbar und „gewöhnlich“ sie beim ersten oberflächlichen Hören klingen mag, nach mehreren Durchläufen und bei genauerem Lauschen, entpuppt sie sich als ein wundervolles Kleinod, das man nicht mehr missen möchte. Ob das Cover auch als ironisches Understatement gemeint ist, oder einfach nur ein befreundeter Hobby Grafiker seinen Talenten freien Lauf lassen durfte, vermag ich nicht zu sagen. Jedenfalls ist es ein sicherer Anwärter für das „hässlichste Cover des Jahres“. Da waren mir die naiven Kinderzeichnungen von außerirdischen Monstern auf älteren Covern der Band wesentlich lieber. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung kann ich trotzdem guten Gewissens aussprechen. Am besten bei www.kioski.de. ****

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