Re: Ryan Adams & the Cardinals Europe Tour 2006

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norbert

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und nochmals Berlin

H.P. Daniels schrieb für den Berliner Tagesspiegel:

Vor vier Jahren haben wir Ryan Adams das letzte Mal in Berlin gesehen. Unmengen neuer Platten hat er inzwischen aufgenommen, angekündigte Konzerte immer wieder abgesagt. 2003 wegen einer gebrochenen Hand. 2005 wegen einer Ohreninfektion. Das Kesselhaus ist proppenvoll. Die Fans sind gespannt auf den Songwriter und seine neue Band, mit der er die Alben „Cold Roses“ und „Jacksonville Nights“ aufgenommen hat. Stilistisch kehrte er damit zum Alternative Country seiner früheren Jahre mit Whiskeytown zurück, deren Frontmann Adams bis 1996 war. Jetzt stehen The Cardinals in schummrig violettem Licht. Unerwartet heftig rockend schaffelt sich die brillant eingespielte Band in den Abend. Raffiniert präzise, ohne das Ungestüm des Rock ’n’ Roll an technische Sterilität zu verlieren. Trockener Bass, knalliges Schlagzeug und eine Pedal Steel zwischen Country-Weinen und kreischendem Stahl-Blues. Mittendrin der schlaksige Adams mit schwarzem Haargestrüpp, Cowboyhemd, Jeans und hochhackigen roten Stiefeln. Er hält sich nicht auf mit großen Worten und lässt lieber seine Gibson ES-335 sprechen. Liefert sich Gesangsduette mit Neal Casal. Gitarrenduelle. Harmonien à la Crosby, Stills, Nash. Wenn seine Stimme in die fragilen höheren Lagen geht und die Akkorde auf eine ganze bestimmte Art wechseln, erinnert Ryan Adams ein bisschen an Neil Young. Ein großer Eklektiker, der seine Vorlieben zu seinem eigenen Stil zusammenrührt. Stones-Riffs, Countryrock, Bo-Diddley-Beat, ledzeppelinsche Schwere. Knarziger Boogie, krachende Codas. Eine besondere Vorliebe teilen Adams und Casal offenbar für die verflochtenen Gitarrenmelodien der Grateful Dead. Ihre parallel mäandernden Soloimprovisationen ufern immer wieder aus, 135 Minuten lang.
H.P. Daniels

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