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Ich hatte es ja bereits erhofft (und letztlich auch aufgrund des aktuellen Avatars erahnt):
Ein hervorragender Text zu meinem All time-TOP 2-Album, Volltreffer! Kann hier fast jede Beschreibung und Wertung unterschreiben ( nur eine klangliche Ähnlichkeit zu „Love Is Hell“ wäre mir bislang ehrlich gesagt nicht im Traum eingefallen; und mit „Heavy Metal Drummer“ habe ich mich immer noch nicht so recht angefreundet, der Song geht bei mir nur als „okay“ durch).
Gut gefällt mir auch, dass Du die Entstehungsgeschichte näher beleuchtet hast. Das ist bei diesem Album in der Tat sehr lohnend. Diesbezüglich kann ich jedem potentiell Interessierten nach der Lektüre von Tina´s Besprechung auch die Doku „I Am Trying To Break Your Heart“ von Sam Jones ans Herz legen, die den Entstehungsprozess sehr detailliert und ungefiltert aufzeichnet und zugleich doch eine eigene künstlerische Sichtweise beibehält. Hier wird auch sehr deutlich, dass – wie Tina schrieb – es eine bewusste Entscheidung der Band war, die konventionellen Aufnahmen wieder in Einzelteile zu zerlegen und neu zusammenzufügen, und zwar bevor Jim O’Rourke überhaupt im Spiel war (und dass Bennett ungeachtet musikalischer Differenzen einfach ziemlich heftig rumgenervt hat und man als Zuschauer seinen Rauswurf eigentlich schon lange beschlossen hat, bevor davon im Film überhaupt die Rede ist).
YHF war mein erstes WILCO-Album, zuvor kannte ich nur einzelne Tracks der Vorgänger aus dem Internet. Obwohl ich einiges davon sehr mochte, hätte ich ohne dieses Album wohl niemals das ausgeprägte Interesse an Tweedy´s Schaffen aufgebracht, konnte man sie doch in der Zeit vor YHF trotz vieler toller Songs letztlich noch grob unter „retro“ verbuchen. Seit 2002 beschreitet Tweedy vollends eigene Wege und ist für mich der talentierteste und zugleich mutigste und neugierigste Songwriter seiner Generation (Musik und Lyrics betreffend!). Wessen Songs sind schon so stark, dass sie noch als rauchende Ruinen ihren Reiz bewahren, ja sogar steigern können?
Zu den Outtakes von YHF (insbes. @latho): Diese sind eine hübsche, recht gefällige Ergänzung, oft noch ganz „Summerteeth“-Echo, aber an Stelle der vorliegenden Fassung? Niemals! Dies hätte auch vollständig der künstlerischen Vision Tweedy’s widersprochen, der hier (wie ja auch später bei „A Ghost Is Born“) bewusst experimentell und sozusagen dekonstruktivistisch vorging, um ausgetretene Klang-, Songstruktur und Arrangement-Pfade zu verlassen (und nicht einfach die hunderste mehr oder weniger gute Americana-Scheibe seit Uncle Whiskeytown selig vorzulegen). Wie langweilig das hätte ausgehen können, kann man etwa an „down with wilco“ von The Minus 5 (2003) studieren.
Gerade aufgrund der vermeintlich sperrigen Klanglandschaften, insbesondere den unbemalten Stellen auf der Leinwand, dem oft fehlenden klassischen Begleitinstrumentarium und der offenen Strukturen kann ich mir dieses Album so oft wie kaum eines anhören, ohne dass es mich je langweilt oder durch übermäßige Vertrautheit seinen Reiz verliert. Die losen Enden von Americana, Rock, Elektronik und Avantgarde liegen vor einem und jeder Hörer kann sie für sich im Kopf nach Belieben selbst zusammenschnüren. Grandios und, bei aller Intelligenz, herzzereißend schön!
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I like to move it, move it Ya like to (move it)