Re: Tinas Faves

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faspotun

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Ich wollte ja noch etwas zu Tinas schönem Morning Glory-Text schreiben.

Stilsicher und mit viel Hintergrundwissen gibt Tina ihrer eingangs geschilderten persönlichen Beziehung zu Morning Glory ein «objektives» (sofern der Begriff bei Musik überhaupt eine Berechtigung hat) Fundament. Zu einer solchen «objektiven» Annäherung an Morning Glory wäre ich nicht fähig – es fehlt mir jegliche kritische Distanz. Zu stark ist die emotionale Bindung, zu viele Erinnerungen hängen an dem Album.

Dabei war es Liebe auf den zweiten Blick. Morning Glory liess ich 1995 erst mal lange Zeit im Regal stehen und kaufte es erst im Sonderangebot – mangels Alternativen! (Definitely Maybe hatte ich mir 1994 als 14-Jähriger mehr aus Zufall gekauft – die als Bonus beigelegte Whatever-CD wurde aber deutlich öfter gespielt als das eigentliche Album.) An einen Schlüsselmoment, in dem sich mir die «Magie» von Morning Glory schlagartig entfaltet hätte, kann ich mich nicht erinnern: Anders als Tina weiss ich also nicht von einem «einschneidenden Hörerlebnis», welches man «nie mehr vergisst», zu berichten. Es muss irgendwann Ende 1995, vielleicht auch erst Anfang 1996 gewesen sein – eines Tages war es jedenfalls um mich geschehen und Oasis bedeuteten mir die Welt. Sehr gut erinnern kann ich mich an den 21. August 1997: In einer Schulpause rannte ich zum nahe gelegenen Plattenladen und kaufte mir mit vor Aufregung zittriger Hand Be Here Now – länger konnte ich nicht mehr warten (anhören konnte ich mir das Album freilich erst nach Schulschluss).

Es gibt durchaus Momente, da frage ich mich, ob Morning Glory, würde es heute erscheinen, noch immer eine solch überwältigende Wirkung auf mich entfalten würde. Obwohl ich überzeugt bin, dass Morning Glory auch «objektiv betrachtet» ein brillantes Album ist, sind Zweifel angebracht: Eine dermassen intensive emotionale Bindung baut man nur zu Alben auf, die in der eigenen Jugendzeit veröffentlicht werden oder die man in dieser Zeit für sich entdeckt. (Allenfalls noch Alben, welche einem durch Krisenzeiten begleitet haben, können eine ähnliche Wirkung entfalten.) Bei heutigem Erscheinen wäre Morning Glory für mich wohl einfach ein sehr schönes Album – unter vielen. So aber ist Morning Glory mein Wohnzimmer: Ich werde mich immer zuhause fühlen, wenn die vertrauten Wonderwall-Akkorde ertönen, wenn Noel sein nervendes «Sooooooo» trällert, wenn Liam mal wieder fragt, wo man denn gewesen sei, «while we were getting high».

P.S. Ich hoffe, es geht hier bald weiter.

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