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@ Fruchtfliege
Das Argument musste ja irgendwann mal kommen, hatte schon länger dran gedacht. Ja, Bob Dylan hat schon eine sehr markante Stimme, und ich höre ihn gern. Bei ihm klaffen jedoch Anspruch und Ausführung nicht so weit auseinander, da ist alles stimmig. Bei Newsom höre ich zwar ihren hohen bzw. überhöhten Anspruch heraus, stelle aber zugleich fest, dass die Ausführung – zumindest, was ihren Gesang angeht – weit hinter diesem Anspruch zurückbleibt, und das wirkt auf mich ziemlich peinlich.
„Gewöhnungsbedürftig“ und „originell“ war sicher auch die Stimme von Janis Joplin, aber da gibt es einen himmelweiten Unterschied zu den zweifelhaften Darbietungen der Newsom, die bisher auf mich nur altklug und eben daher peinlich-prätentiös wirkten. Ja, altklug ist das richtige Wort, scheint mir. Joplin dagegen war authentisch.
Vielleicht noch ein ganz aktuelles Beispiel: „Dragging Wires“ von Bone-Box, der ein wenig an die Pogues erinnernde Track, den Doebeling zur Single des Jahres gekürt hat, wird nun auch nicht gerade von Koloratursängern vorgetragen; dennoch ist das ein fantastisches Teil, das in sich vollkommen abgerundet ist; vollkommene Entsprechung von Anspruch und Ausführung. Natürlich ließen sich hier noch Hunderte von Beispielen anführen ließen. (Die Leute, die Tom Waits lieben und das Newsom-Album nicht mögen, können sich ja auch noch zu Wort melden.)
Wollte mich ja eigentlich nicht an der Diskussion beteiligen, solange ich nicht das vollständige Album gehört habe. Es sind in der Zwischenzeit noch ein paar andere Aufnahmen dazugekommen, aber die machen wenig Hoffnung, dass es mir so gefallen wird wie einigen hier. Primär liegt das Problem für mich im Gesang und der Stimme. Gegen Folk habe ich überhaupt nichts, im Gegenteil, auch nicht gegen „Neo-Folk“; er kann von mir aus hochambitioniert und hochstilisiert sein, aber, wie gesagt, die Leute müssen was drauf haben, Anspruch und Ausführung sollten in Harmonie miteinander stehen. Beispiel: June Tabor – eine großartige Sängerin, gerade auch live, wie ich feststellen durfte (im Gegensatz zu den Live-Aufnahmen, die ich von J. Newsom gesehen habe – die Darbietungen dieses Songs „Sadie“ von dem älteren Album wirken auf mich tatsächlich grauenhaft; gut, dass man nicht dabei war).
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