Antwort auf: Robert Palmer – "Deep blues"

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stefane
Silver Stallion

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Eben mal wieder mit sehr großem Genuß gelesen.

Obwohl schon über 30 Jahre alt, für mich das definitive Blues-Buch.
Das Buch wurde 1981 erstveröffentlicht und bereits in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre recherchiert und geschrieben. Robert Palmer mußte sich nicht auf Sekundärquellen verlassen, sondern hat sehr viele Interviews mit Zeitzeugen geführt, die die Anfänge des Mississippi Blues in den 20er- und 30er-Jahren und auch die Zeit danach persönlich erlebt bzw. geprägt haben. Und das ist die größte Stärke des Buchs: Diese Interviews und persönlichen Begegnungen, die Robert Palmer immer wieder wunderbar einfließen läßt, machen das Buch authentisch und äußerst spannend zu lesen und vermitteln einen sehr plastischen und lebhaften Eindruck.
Heute wäre das nicht mehr möglich, da inzwischen viele der wesentlichen Protagonisten, die für „Deep Blues“ als Musiker (u.a. Honeyboy Edwards, Johnny Shines, Muddy Waters, Sunnyland Slim, Jimmy Rogers, Robert Lockwood jr., Houston Stackhouse, John Lee Hooker, Pinetop Perkins, Rufus Thomas, Son Seals) bzw. als Zeitzeugen (u.a. Joe Rice Dockery, Sam Phillips) befragt wurden, gestorben sind.

Eine umfassende Bluesgeschichte darf man von „Deep Blues“ jedoch nicht erwarten, sondern wie der Untertitel sagt „a Musical and Cultural History from the Mississippi Delta to Chicago’s South Side to the World“.
Sprich: die Zeitumstände der Entstehung des Mississippi Blues, dessen afrikanisches Erbe, die soziokulturellen Rahmenbedingungen und deren Einfluß auf Musiker, Hörer und Plattenaufnahmen sowie die durch die Great Migration maßgeblich beeinflußte Evolution des Chicago Blues stehen im Mittelpunkt des Buches. Andere Spielarten wie z.B. Texas Blues, Louisiana Blues oder Piedmont Blues werden in „Deep Blues“ nicht behandelt.

Fazit: unverzichtbar.

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"Bird is not dead; he's hiding out somewhere, and will be back with some new shit that'll scare everybody to death." (Charles Mingus)