Re: Nikos Favoriten

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nikodemus

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Jackson Browne – „Jackson Browne” (“Saturate Before Using“)

(Elektra/Asylum – 1972)

Vor rund 30-40 Jahren muss es eine kurze Zeit gegeben haben, wo der in Heidelberg geborene Jackson Browne einmal der coolste Typ auf dem Planeten gewesen sein muss. Ok, vielleicht nicht der Coolste, aber bestimmt einer der Angesagtesten. Als Minderjähriger Knirps schrieb Browne in den 60s Songs für Nico und später Hits für die Eagles, spielte in der Nitty Gritty Dirt Band sowie der Backing Band von Tim Buckley und galt als einer der wichtigsten Musiker der West Coast Folk Rock Szene. Seine Songs wurden Hits und Martin Scorsese benutzte „Late For The Sky“ für seine legendären Film „Taxi Driver“, Browne wurde politischer Visionär und kulturelle Ikone.
Aber von Anfang an…

1970 schickte der 21jährige Jackson Browne ein Demotape seines Songs „Jamaica Say You Will“ zu David Geffen, der es allerdings in den Müll warf und später nur dank seiner Sekretärin auf den Song aufmerksam wurde. Geffen bot Browne eine Record Deal bei dessen eigenem Asylum Label an und die Geschichte nahm ihren Lauf. Durch den Ruf, den Browne bereits durch seine Arbeiten in den 60s erlangt hat, wurden die Byrds auf ihn aufmerksam und coverten genau diesen Song „Jamaica Say You Will“ auf ihrer 1971er LP Byrdmaniax. Ende des Jahres 1971 versammelte Browne 1971 eine All Star Band um sich, darunter Größen wie David Crosby, Albert Lee und Sneaky Pete Kleinow, um sein heißersehntes Debüt einzuspielen. Am 2. Januar des Jahres 1972 erschien das (wie es sich für einen ernsthaften Songwriter gehört) selbstbetitelte Debüt und wurde von Bud Scoppa im amerikanischen Rolling Stone mit Werken wie „Astral Weeks“ und „After The Gold Rush“ verglichen.

Das Album wurde von Brownes bis dato bekanntestem Song eröffnet: „Jamaica Say You Will“, welches später von u.a. Tom Rush und Joe Cocker gecovert werden sollte, war eine romantisch Ballade über die Liebe zu einer Frau („Jamaica“) und das Verlangen, sie zu sehen und mit ihr hinfort segeln zu wollen. Neben Byrdmember Clarence White wurde Browne von Ex-Byrd David Crosby unterstützt, der die tollen Harmonies im Refrain unvergessen macht. Seine Songs waren introspektive, lyrische Geschichten über Verlust, Begierde und Orientierungslosigkeit, verpackt mit federleichten Melodien basierend auf Brownes ungekünsteltem Pianospiel und seiner sehnsüchtigen, mollgetränkten Stimme. Trotz seiner depressiv anmutenden Texte, wurden einige seiner Songs Hits. „Doctor My Eyes“ war die erste Singleauskopplung und erreichte einen respektablen achten Platz in den Billboard Charts. Mit einem vorantreibenden Beat erzählte Browne über einen gefühlskalten Mann, der alle Hoffnung in die Menschheit aufgegeben hat. „doctor my eyes have seen the years / and the slow parade of fears without crying / now I want to understand…doctor my eyes, cannot see the sky / is this the prize for having learned how not to cry”. Je trauriger und pessimistischer Brownes Texte waren, umso mehr schien er sie hinter einer stimmungsvollen Melodie verstecken zu müssen.
Bepackt mit Unsicherheit und Zukunftsängsten schienen Brownes Songs einen Nerv der Zeit zu treffen. Diese hohe, nicht besonders variantenreiche Stimme wusste Trost zu spenden, traf das Schicksal ihn doch scheinbar härter als irgendjemanden sonst. Der poetische „Song For Adam“ traf einen mitten ins Herz, wenn Browne sang:

„Though Adam was a friend of mine, I didn’t know him well / he was alone in his distance, he was deep into his well / I could guess what he was laughing at, but I couldn’t really tell / now the story’s told that Adam jumped / but I’ve been thinking that he fell”

Brownes eloquenten Lyrics gepaart mit der schlichten Instrumentierung aus Klavier, Akustikgitarre und Pedal Steel sowie den traumhaften Harmonies von David Crosby verwandelten jeden Song in pures Drama, Songtiteln wie „Something Fine“ zum Trotz. „Under The Fallen Sky“ vermittelt eine positivere Grundstimmung, die entrückten Texte blieben rätselhaft „abandon your sad history and meet me in the fire / our angels wait to take us higher and higher“. Der Song ist ein weiteres Highlight auf dem Debüt und besticht durch schnelle Congas und einem famosen E-Gitarren Solo von Albert Lee verflochten mit abrupten Tempowechsel und wiederum Brownes zartem Pianospiel. „Rock Me On The Water“ war eine religiöse Hymne gespickt mit apokalyptischen Texten, Browne sang wie ein junger Gott und predigte Läuterung und Erlösung „oh people look among you / it’s there your hope must lie / there’s a sea bird above you / gliding in one place like jesus in the sky“.

Das LP Debüt vereinte wie kaum eine andere Musik zu Beginn der 70er Sensibilität mit naiver Unschuld, Verletzlichkeit und Poesie. Dem „Take It Easy“ Charme der Eagles, die versucht haben Browne Songs massenkompatibel umzumodellieren konnte ich nie was abgewinnen. Auch wenn seine Songs eine gewisse „class of its own“ haben, konnte sie doch niemand zu transportieren, wie diese einsame Stimme von Jackson selbst.

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and now we rise and we are everywhere