Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Mosaic by Wovenhand › Re: Mosaic by Wovenhand
Mit den Texten hatte ich mich ja vorsichtshalber noch nicht beschäftigt, aber ich komme wohl nicht darum herum. Martin Büsser schreibt: „Texte über mythische Helden, die den „belt of truth“ um die Hüfte tragen, und Seemannsbräute, die treu in der Heimat auf ihren Abenteurer warten und derweil die Kinder aufziehen, bedürfen eigentlich keiner externen Demontage. Sollte man meinen. Nun könnte man Wovenhand zugute halten, dass sie lediglich mit literarischen Traditionen spielen, hätte damit aber noch keinen Grund dafür genannt, warum dieser lyrische Nibelungenschatz überhaupt aus seiner Versenkung geborgen werden musste.“
Diese Kritik an den Texten ist allerdings grundlos. Einer der Songs, auf die da angespielt wird, ist wohl „Swedish Purse“, das ist ein Lied aus der Sicht eines Seemanns (nicht: Abenteurers), der, auf See, von seiner Familie getrennt ist und sich nach ihr sehnt. Ein altes, vielbesungenes Thema (vor allem in Seefahrernationen), dem gewiss nichts Illegitimes anhaftet; ein schlichter, traditionsbewusster Text, mit dem David Eugene Edwards sich in eine Folktradition stellt, die mit irgendwelchen „Nibelungen“ meines Wissens nichts zu tun hat. Es ist mir ein Rätsel, warum Büsser gerade diesen Song hervorhebt. Die darin ausgedrückte Erfahrung kann jeder nachvollziehen, der aus beruflichen Gründen für längere Zeit nicht zu Hause bei seinen Lieben sein kann. Bei Edwards selbst könnten ausgedehnte Tourneen der Grund für eine solche Erfahrung sein. Dieses traditionelle Thema ist immer noch aktuell.
Charakteristischer ist übrigens, dass in den Texten öfter mal der HErr gelobt wird.
Der „belt of truth“ (Gürtel der Wahrheit) stammt aus dem Song „Full Armour“ (in voller Rüstung). Zur Rüstung gehören auch der Helm der Erlösung, der Brustpanzer der Rechtschaffenheit und die Evangeliumsstiefel („gospel boots“) sowie das Schwert des Geistes und der Schild des Glaubens. Der so gerüstete „Held“ ist nicht „mythisch“, sondern symbolisch und offenbar ein idealer Christ, reuig und sanftmütig („contrite and meek“). The meek shall inherit the earth! Das ist eben christliche Lyrik.
--
To Hell with Poverty