Re: Jazz ab 1980

#5139917  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,139

Ich weiss grad nicht, wo ich das besser unterbringen könnte… den M-Base-Thread müsste vorgarten mal starten, aber auch dort wär das nur halbwegs am rechten Ort:

Steve Lehman Octet – Travail, Transformation, and Flow (Pi Recordings)

Steve Lehman ist es mit der Musik zweifellos ernst, aber irgendwie lässt mich diese Scheibe (bisher die einzige, die ich kenne, und war auch bloss ein Zufallsfund vor ein paar Monaten) eigenartig kalt – oder eher kühl. Die Musik changiert zwischen den klassischen Blue Note Sounds von Bobby Hutcherson und Andrew Hill, den Grooves und vertrackten Beats von Steve Coleman (daher M-Base) aber es gibt auch Momente, in denen ich an Henry Threadgill erinnert werde… in der Dankesliste fehlt der zwar ebenso wie Hutcherson, aber Andrew Hill und Jay Hoggard finden sich da, ebenso wie Altsax-Übervater Jackie McLean (der wohl auch für Steve Coleman recht wichtig war?), Anthony Braxton und George Lewis, sowie aus der jüngeren Generation u.a. Rudresh Mahanthappa und Vijay Iyer (was wiederum keine Überraschung ist).

Kennt jemand mehr von Lehman? Mich faszinieren die Klänge, grad die Tuba (José d’Avila spielt auch seit einigen Jahren in den Gruppen von Henry Threadgill mit) gibt dem Ensemble einen erdigen Klang, das Zusammenspiel mit dem Bass von Drew Gress passt sehr gut und verstärkt den Effekt, dass die Musik Boden hat. Zudem steuert Mark Shim (ein komplett unterschätzter und leider nur selten anzutreffender Musiker) ein paar wunderbare Momente am Tenorsax bei – sein Spiel ist ebenfalls sehr geerdet, viel stärker als jenes von Lehman und Trompeter Jonathan Finlayson. Tim Albright spielt Posaune, fiel mir bisher aber v.a. als zusätzliche Stimme in den Ensembles auf, die oft ausgeklügelt sind und hinter den Soli weiterlaufen. Am Vibraphon ist Chris Dingman, ein mir gänzlich unbekannter Musiker, und die Beats kommen in gewohnt gekonnter Manier Tyshawn Sorey.

Ich höre die Scheibe jetzt schon zum zweiten Mal am Stück (sie ist mit 40 Minuten erfrischen kurz, das lob ich mir! Leider dauern heute ja sehr viele Alben zu lange!). Manches mag zu „clever“, zu „slick“ sein, aber nein, ich glaub die Scheibe beginnt mir langsam richtig gefallen!

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba