Re: Talking Heads

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friedrich

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Percy ThrillingtonWie stehen die Herren Talking-Heads-Kenner denn zu den beiden Eno/Byrne-Produktionen (oder gibt’s mehr als zwei)?

Wie die anderen „Herren“ dazu stehen, weiß ich nicht. Ich selbst halte MY LIFE IN THE BUSH OF GHOSTS für einen großen Wurf. Man muss sich mal verdeutlichen, was für eine Pionierleistung das damals war: Sampling war ja noch nicht einmal am Horizont zu sehen aber Eno/Byrne montieren hier musikalische Fragmente aus völlig unterschiedlichen Kontexten zusammen und gelangen zu einem Ergebnis, das nicht nur mehr, sondern auch etwas ganz anderes ist als die Summe seiner Einzelteile. Und das beste ist: Die Platte fährt nicht nur in Ohr und Kopf, sondern auch in die Beine, sofern man bereit ist, sich auf dieses rhythmisch und harmonisch komplexe Gebräu einzulassen. Die Metamorphose der Samples („Inflamed caller and smooth politician replying“ + Pseudo Ethno-Getrommel= Faszinierend-gruseliges Soundgebräu) hat ja so gut funktioniert, dass Eno/Byrne das Stück QU’RAN auf der CD-Reissue weglassen mussten. Die Verarbeitung von Koranversen zu Popmusik kam bei einigen Hörern nicht gut an.

EVERYTHING THAT HAPPENS ist mit MLITBOG nicht zu vergleichen. Völlig anderes Konzept, eher konventionelles Songwriting. Ich finde das ganz gut, es kann mich aber nicht wirklich begeistern.

Die recht zahlreichen Solo-Projekte der TH-Mitglieder wären aber einen eigenen Thread wert.

F.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)