Re: Birdseys Rezensionen

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dominick-birdsey
Birdcore

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Kazuo Ishiguro: Bei Anbruch der Nacht.

Es gibt Schriftsteller, die beherrschen die Kunst der Komprimierung meisterhaft. Andere breiten sich dagegen episch aus. Dann gibt es aber welche, die beherrschen beides. Kazuo Ishiguro wurde bekannt durch seinen Romanerfolg „Was vom Tage übrig blieb“. Dafür bekam er vor 20 Jahren den Booker-Preis. Sein neuestes Buch ist eine Sammlung von fünf Kurzgeschichten, die allesamt um das Thema Musik kreisen.

So lernen wir den berühmten Sänger kennen, der sich von seiner Frau trennen muss, weil er ein Comeback plant. Ob ihm das gelingt, bleibt der Fantasie des Lesers überlassen, wie vieles andere, was Ishiguro lediglich anreißt. Der Leser erfährt nicht, ob das ambitionierte Karrierepärchen zusammenbleibt.

Ob der junge Singer-Songwriter mit seiner Musik Erfolg hat, bleibt genauso nebulös wie die Zukunft des Saxofonisten, der sein Gesicht operieren lässt. Wer hässlich ist, hat im Musikbusiness keinen Erfolg. Das alles bleibt im Verborgenen, ist aber auch nicht relevant. Wichtig allein sind die Beziehungen, die aufgrund von Musik entstehen. Sie können jahrelang andauern, Eifersucht hervorrufen, flüchtig sein oder zu Trennungen führen: Musik ist ein großer Bestandteil menschlichen Lebens.

Geschickt lässt der britische Autor japanischer Herkunft seine Figuren in mehreren Geschichten auftreten (und sei es nur andeutungsweise). Seine Sprache ist geradlinig, simpel und unterliegt einer eigenen Melodik, der man sich nicht entziehen kann. Das einzige Manko des Buches liegt in seiner Kürze. Wenn das mal keine Ironie ist.

Gibts natürlich auch hier.

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