Re: Afrika

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sparch
MaggotBrain

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The Fela Originals #4: Alagbon Close / Why Black Man Dey Suffer

Die Kombination dieser beiden Alben wurde so im Jahr 2007 erstmals veröffentlicht. Warum dies nicht schon früher geschehen ist, ist mir nicht bekannt. Auffällig ist, dass die Aufnahmen klangtechnisch mit denen der anderen CDs nicht mithalten können. Auch bei dieser Ausgabe gibt es zunächst einiges zu kritisieren, so ist das größte Ärgernis die Tatsache, dass nicht wie bei allen anderen CDs der Serie beide Cover mit jeweils der Vorder- und der Rückseite zu sehen sind, sondern dies nur für Alagbon Close der Fall ist. Für Why Black Man Dey Suffer wird nur die Vorderseite stark verkleinert angezeigt, während man die Rückseite gleich ganz unterschlagen hat. Die Jahre der Veröffentlicbung fehlen ebenso wie die immer gleiche Kurzbiographie. Die Texte sind dagegen abgedruckt und auch die Credits sind hier mit Fela Ransome Kuti richtig angegeben.

Das 1971 veröffentlichte Why Black Man Dey Suffer ist nach Fela’s London Scene das dritte Africa 70 Album, wobei ich hier die musikalische Bissigkeit des Vorgängers trotz prominenter Unterstützung durch Ginger Baker stellenweise vermisse. Dafür sprechen die Texte eine umso deutlichere Sprache. Das Titelstück ist eine Abrechnung mit den Kolonialmächten, denen Fela die alleinige Schuld am Leid Afrikas gibt. Dennoch fehlt dem Stück irgendwie der richtige Schwung, was dann beim zweiten Stück Ikoyi Mentality vs. Mushin Mentality besser funktioniert. Anhand zweier Stadtteile beschreibt Fela hier die beiden Gesichter der Metropole Lagos, die Anfang der 70er beweitem nicht die heutigen Außmaße hatte. Ikoyi gehört zu den reichen Stadtteilen und befindet sich auf Lagos Island, einer Stadt innerhalb der Stadt und doch streng abgeschottet und für die meisten Bewohner vermutlich unerreichbar. Mushin dagegen zählt zu den ärmeren Stadtteilen und befindet sich ca. 10 km nördlich des Zentrums. Der Stadtteil ist überfüllt und die Lebensqualität allenfalls bescheiden, und doch wohnen hier die wahren Afrikaner, wie Fela im Text deutlich macht, während er für die Reichen von Ikoyi nur Hohn und Spott übrig hat. Ein prominentes Kind von Mushin ist übrigens Sunny Adé.

Das 1974 veröffentlichte Alagbon Close ist das bessere Album. Es besteht ebenfalls aus nur 2 Stücken, dem 17 Minuten langen Titeltrack und der nicht ganz so langen B-Seite I no get eye for back. Alagbon CLose ist ein glühender Aufruf zur Schließung des berühmt berüchtigten Gefängnisses in Lagos, das Fela nur zu gut kannte. Mit deutlichen Worten werden die damaligen Zustände dort beschrieben: die Folter, die Demütigung und auch die katastrophalen hygienischen Zustände. Musikalisch unterstützt wird das Ganze mit scharfen Bläser- und Orgelsätzen und nervös wirkendem Chorgesang, was zusammen mit dem Text eine unheilvolle Atmosphäre erzeugt. I no get eye for back kann die Klasse nicht ganz halten und handelt von der Tatsache, dass man niemals alles im Griff haben kann und immer die Gefahr besteht, hinterrücks angegriffen zu werden. Dies ist umso verständlicher, wenn man bedenkt, dass schon zu jener Zeit nicht wenige Fela nach dem Leben trachteten.

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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?