Re: Afrika

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sparch
MaggotBrain

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Segun Bucknor – Poor Man No Get Brother (Assembly & Revolution 1969-1975) (2002)

Denkt man an die Musik Nigerias, dann denkt man vor allem an Fela Kuti. Aber natürlich gab es gerade in den späten 60ern und frühen 70ern noch jede Menge anderer Musiker und Bands, die durch Fela inspiriert wurden. Segun Bucknor war einer davon und dieser Sampler ist das erste Album, das außerhalb Afrikas veröffentlicht wurde. Wobei man außerhalb Afrikas vermutlich mit außerhalb Nigerias gleichsetzen kann, allenfalls in Ghana dürfte er noch bekannt gewesen sein.
Wie auch Fela begann Bucknor Mitte der 60er mit traditionellem 60er Jahre Highlife ehe er gegen Ende des Jahrzehnts seine Musik in Richtung Funk und Soul weiterentwickelte. Neben Fela hatte auch James Brown großen Einfluss, was bei einigen Aufnahmen auch deutlich herauszuhören aus. So köchelt das erste Stück Sorrow Sorrow Sorrow ganze 12 Minuten vor sich hin und auch sein Gesangstil ähnelt bisweilen dem eines James Brown. In den Texten geht es zumeist um nigerianischen Alltagsthemen jener Zeit während allzu deutliche politische Aussagen meist außen vorblieben. Die Ausnahme ist hier das Stück Son of January 15th, das sich auf den ersten Militärputsch vom 15.01.1966 bezieht. Nachdem bei einem Konzert im nördlichen Kaduna aber zwei Soldaten auf die Bühne kamen und ihm dazu rieten, das Stück besser nicht mehr zu spielen, verlor er das Interesse an politischen Themen. Ein Umstand, der ihn deutlich von Fela unterscheidet, der sich niemlas hätte vorschreiben lassen, was er singen darf und was nicht. Wobei man dies Bucknor sicher nicht zum Vorwurf machen kann, schon gar nicht als außenstehender Europäer. Ein weiterer Höhepunkt ist das rein instrumentale, jazzige Smoke, das mit seinem feinen Saxophonspiel eine unterschwellige Spannung erzeugt. Es sind vor allem die langen, 8-12 Minuten langen Stücke, die hier voll und ganz zu überzeugen wissen, wenn Bucknor sich Zeit und Raum lässt damit die Musik sich entfalten kann. Die kürzeren Songs sind zwar ebenfalls durchaus gelungen, orientieren sich aber meist an amerikanischen Soul und Funkhits und lassen die Eigenständigkeit ertwas vermissen. Nichtsdestotrotz ist dieses Album empfehlenswert, vor allem auch dann, wenn man mal Musik abseits des Fela Kosmos hören möchte. Glücklicherweise gibt es Musikfreunde, die sich vor Ort begeben, um solche verlorenen Schätze auszugraben um sie einem größeren Publikum präsentieren zu können.

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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?