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Vielleicht wäre es besser, einen neuen Thread Nicolas Mahler oder Comic-Literatur-Adaptionen aufzumachen. Da ich aber aus meiner Perspektive nichts Positives zu vermelden habe, verschiebe ich dieses Vorhaben vorerst.
Geschenkt bekommen:
Nicolas Mahler – Der Mann ohne Eigenschaften
(Suhrkamp, 2013, 156 Seiten)
Es gibt so ein kleines Buch mit dem Titel Grimms Märchen ohne Worte, in dem der Zeichner Frank Flöthmann 16 Märchen auf gerade mal 80 Seiten erzählt – wie der Titel sagt, ohne Worte. Ich habe das nicht, habe aber zumindest mal reingeblättert. Eine absichtlich plakativ vereinfachende Persiflage der Märchen, die wir alle kennen. Das Titelbild ist ein gutes Beispiel. Das funktioniert natürlich nur, wenn der Leser die Objekte der Persiflage kennt. Da es sich bei Grimms Märchen um Folklore handelt, mit der fast jedes Kind aufgewachsen ist, kann man das aber getrost voraussetzten.
Der Titel von Musils Mann ohne Eigenschaften ist zwar auch Folklore, aber Zeitgenossen, die das Buch tatsächlich gelesen haben, findet man eher selten. Ich selbst gehöre auch nicht dazu. Nun macht Nicolas Mahler mit dem Mann ohne Eigenschaften etwas ähnliches wie Flöthmann mit Grimms Märchen. Die Geschichte wird extrem entschlackt, mit sehr abstrahierten Zeichnungen und fast ohne Text erzählt. Erzählt? Eigentlich erfindet Mahler nur fast schon symbolhaft reduzierte Motive, die sich offenbar auf Figuren, Handlungen oder Gedankengänge aus der Vorlage beziehen und in einem wie auch immer gearteten Verhältnis dazu stehen. Das Blöde ist nur: Ich kenne die Vorlage nicht und kann daher Mahlers Persiflage nicht nachvollziehen. Leider ist die Geschichte so, wie sie in Mahlers Buch erzählt ist, aber nicht stark genug um für sich selbst zu stehen oder auch nur Sinn zu ergeben.
Für Leute, die Musils Mann ohne Eigenschaften gelesen haben, mag das reizvoll sein. Kann ich nicht beurteilen. Für mich ist das ansonsten eine ziemlich sinnlose Angelegenheit. Schade!
Was mich wieder mal fast schon ärgert, ist der grotesk in Superlativen schwelgende Klappentext von Suhrkamp: „begnadeter Comic-Künstler“ … „internationaler Star der Zeichnerszene“ … „etwas ganz und gar Einzigartiges“ … „kongeniale Adaption“ … „witziger (…) können Comics kaum sein“. Au weia!
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)