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Über die lyrische Qualität sind schon ein paar Worte gefallen, aber was mich noch vor der Poesie ansprach, war die musikalische Unterlegung. Das Album gefiel mir lang bevor ich überhaupt begriff, über was Dylan in Visions Of Johanna oder Sad Eyes Lady singt. Diese Fülle an Instrumenten, die beispielsweise beim Refrain von Sooner Or Later zu explodieren scheinen aber trotzdem für mich nie überladen wirken, geben dem Blonde On Blonde Album einen ganz besonderen Charme. Wann findet man schon eine derartig gelungene Abstimmung zwischen Orgel und Klavier? Jedes einzelne Instrument, sei es Schlagzeug, Gitarre, Harp, Bass oder eben eines der Tasteninstrumente, scheinen alle für sich selbst sprechen zu wollen, klingen aber trotzdem im Kontext perfekt aufeinender abgestimmt und zugeschnitten. Ich höre gerade nebenbei das Album und I Want You lief. Ich meine, dieser Riff, welcher sowohl von Gitarre als auch von der Orgel gespielt werden, scheinen sich in keiner Sekunde zu überschneiden und/oder gegenseitig auf die Füße zu treten. Viele Lieder blühen erst im Albumkontext auf. Ich vermute auch, dass Dylan ein gelungenes Album zu dieser Zeit wichtiger als eine gut positionierte Single war. Auf einem Album konnte er seine Stärken, die Poesie, viel besser zur Geltung bringen. Wer mochte 65/66 schon ein von Metaphern strotzendes und achtminütiges Lied hören? Es scheiterte doch schon daran, dass die Radiostationen soetwas gar nicht spielen wollten.
Just in diesem Moment läuft Leopard-Skin Pill-Box Hat. Das, was Dylan in seinem Text besingt, dieses zynische, genau diese Intensität legt er auch in sein Solo. Und ein Lied weiter schmeißt er alles musikalisch um und besingt gefühlvoll, trotzdem mit harten Worten, die gleiche Dame. Herrlich! Das ist eben dieses homogene Wechselspiel zwischen Hass und Liebe, Gefühl und Schroffheit.
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