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„New York“ hat mich als damals 15jährigen sehr bewegt. Den Text von „Romeo Had Juliette“ kannte ich sehr schnell auswendig und kann ihn auch heute noch fast fehlerfrei rezipieren: „Caught between the twisted stars the plotted lines the faulty map that brought Columbus to New York…“, ein Straßenrhythmus mit Worten wie lakonisches Gunfire, hoffnungslos und doch hoffend. Und dann dieser Romeo Rodriguez, der den Atem der Straße ausstieß; die Verlagerung eines romantischen Themas in einen dreckigen Sub-Urban-Kontext, einfach großartig und mich – das für mich Entscheidende an der gesamten Platte – ob seiner schonungslosen Direktheit sofort emotional einfangend.
Weil auch diese Musik ins Mark traf. Auf’s Elementare reduziert, formulierte und spielte Reed hier eine Liebes- wie Hasserklärung an seine Stadt, die er in all ihren Facetten, dem Glamour und dem Dreck, erlebt und gelebt hatte. Und die für ihn vielleicht die dauerhafteste, schmerz-und liebevollste Beziehung darstellte und darstellt, die er in seinem gesamten Leben hatte.
In „Strawman“ tritt sein Zorn wohl am offensivsten zu Tage, aber gerade die scheinbar sanfteren Tracks sind es, die mir einen „Street-Blues“ vermitteln, der zwischen menschlichem Abschaum, Krankheit, Fixertum und Hässlichkeit kaum Raum zum Atmen lässt, wie wiederum in „Romeo Had Juliette“: „I’ll take Manhattan in a garbage bag with latin written on it that says „It’s hard to give a shit these days“ “ oder in „Last Great American Whale“ bezogen auf die Mentalität seiner fellow Americans: „Stick a fork in their ass and turm them over, they’re done“.
Keine Abrechnung, eine Liebeserklärung. Ob gewollt oder nicht. Und sein authentischstes Werk. Cheers, kramer. ****1/2.
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