Re: John Coltrane

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nail75

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gypsy tail windOK, mag sein, ja… aber Miles hat doch immer wieder Musiker um sich geschart, die hart an die Grenzen des jeweils „Konventionellen“ gingen. Zuerst das Quintett mit Coltrane, Garland, Chambers und Philly Joe, später die Band mit Shorter, Hancock, Carter und Williams, dann das „Lost Quintet“ (Shorter, Corea, Holland, DeJohnette), danach die Studio-Bands für „In a Silent Way“ und „Bitches Brew“, die zu Keimzellen des ganzen Jazz-Rock-Genres wurden… Miles‘ Bezüge zur Avantgarde sind wohl vielfältiger und deutlicher als er das selber in all seiner Widersprüchlichkeit je hätte zugeben mögen.

Ja, er holte die fortgeschrittensten Musiker, aber spielte mit ihnen keinen avantgardistischen Jazz, obwohl das second classic quintet und das lost quintet natürlich den allgemeinen freien Geist dieser Zeit atmen. Aber Miles war nicht der Mann, der Jazz als Befreiungsideologie verstand (so wie beispielsweise Ayler).

Die Widersprüchlichkeit von Miles erklärt sich u.a. aus relativ einfach nachzuvollziehenden Tatsachen. Miles stammt – man kann es immer nur wiederholen – aus materiell gesicherten Verhältnissen. Die meisten anderen Jazzer konnten von solchem Wohlstand nur träumen. Seine Eltern konnten ihn sogar nach NYC zum Studium schicken.

Aber dennoch erlebte Miles, dass die Rassengrenzen selbst mit Geld undurchdringlich blieben, was ihn bis an sein Lebensende in Rage versetzte. Seine Antwort darauf war der oben beschriebene Versuch, Ruhm und Erfolg zu erlangen – das entspricht exakt seinem Mittelklasse-Ethos, denn sein Vater lebte Erfolg – in beruflicher Hinsicht – vor.

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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.