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Anonym
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Harry Rag“Der Leiermann“ hat mich nicht nur aufgrund des Einsatzes in einer bestimmten Szene von „Brügge sehen…und sterben?“ ergriffen, mir hat sofort die etwas spröde, repetitive Form des Liedes zugesagt, die eine tiefe Traurigkeit, vielleicht sogar Hoffnungslosigkeit ausstrahlt, dabei aber eine Schönheit zeigt, die ich selten gehört habe.
Vermittelt die „Winterreise“ im Grunde eine ähnliche Stimmung? Oder ist das die Ausnahme in diesem Liederzyklus?
Als Ausnahme in der „Winterreise“ würde ich den „Leiermann“, wie redbeans schon sagte, nicht bezeichnen, als letztes Lied ist es eher so etwas wie eine Quintessenz, die allerdings in ein offenes Nichts mündet (was die Leute in dem Link von pinch ja auch reichlich aufgreifen bzw. auskosten). Das ist eine offensichtliche Entscheidung Schuberts – bzw. auch Müllers, der die Texte geliefert hat -, er hätte den Zyklus auch zwei Lieder zuvor mit der Aufbäumung „Mut“ enden lassen können. Dass er es nicht getan hat, zeugt schon davon, was in der Mehrzahl der anderen Lieder von Anbeginn mitschwingt: Das geht nicht gut aus, ist kein Idyll; freundliche Momente gibt es zwar, etwa in den Rahmenteilen von „Frühlingstraum“, aber die werden gleich aufs Äußerste kontrastiert, noch im selben Lied.
Das Repetitive ist ein charakteristisches Moment bei Schubert, in der „Winterreise“ findet es sich auch gleich im ersten Lied „Gute Nacht“. Noch zum Opernhaften einiger Lieder, das redbeans angesprochen hat. Ich bin nicht sicher, ob ich das richtig einordne, es gibt Lieder, die mit einer Art großer Geste („Die Nebensonnen“ unmittelbar vor dem „Leiermann“) gesungen werden, es gibt den „Lindenbaum“, der an der Oberfläche eine kleine ruhige Erzählung zu sein scheint, bis auch die wieder aufgebrochen wird. Insgesamt also gibt es in der „Winterreise“ keinen Jubel, der nicht sofort angezweifelt würde. Daran hat das Klavier einen sehr großen Anteil, es ist nicht bloße Begleitung, sondern auch Seziermesser.
Mir scheint, dass Du die Anschaffung schon wagen kannst, die Auswahl ist kaum zu überschauen, aber Schmidt hat den Zyklus ja auch komplett gesungen.
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