Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Über die Klasse der Klassik › Klassik: Fragen und Empfehlungen › Re: Klassik: Fragen und Empfehlungen
gypsy tail windBelohlávek scheint mir eine gute Option zu sein (Chandos 1991, es gibt noch eine spätere Live-Einspielung, aber es ist die 1991er, für die ich irgendwo Lob fand), oder Shaw, oder Kubelik, oder eine ältere Aufnahme von Smetácek, oder noch älter Talich (die beiden scheiden eher aus, denke ich, obwohl sie mich wohl interessieren würden, aber es geht ja eben nicht um mich – von Talich ist auch eine billige Euro-PD-Crap-Ausgabe da) … es gäbe auch Sinopoli, Järvi, Rilling und andere.
Laurence Equilvey hat eine andere Fassung eingespielt, die kürzer ist – scheidet wohl auch aus, weil ich mal schwer davon ausgehe, dass der Chor die übliche Fassung singt.
Dvorák funktioniert meiner Meinung nach am besten unter dem Dirigat eines Tschechen. Und Talich ist unbestritten die erste Wahl.
Talich stand nach dem Ende des zweiten Weltkriegs unter dem Verdacht, ein Nazi-Kollaborateur gewesen zu sein. Das brachte ihm in letzter Konsequenz ein Auftritts- sowie ein Arbeitsverbot mit seinen Tschechischen Philharmonikern ein. Eines der ersten Werke, welches er nach gewisser Zeit einspielen durfte, war das „Stabat Mater“. Nicht zuletzt deshalb ist die Einspielung (welche mittlerweile in einer scheinbar klanglich restaurierten Fassung vorliegt und mit der atmeberaubenden Asrael-Symphonie von Josef Suk gekoppelt wurde) ergreifend. Der Aufbau der Spannung zu Beginn, das Bohren in das Zentrum der Musik und schließlich das erschöpfte Abfallen. Da ist nach fünf Minuten schon all das gesagt, wofür andere das ganze Werk lang benötigen. Auch im weiteren Verlauf hält sich diese emotionale Gespanntheit, dass man gleichzeitig fliehen und dabeibleiben möchte. Der dräuende Charakter der Musik, die Buße kommen hier am deutlichsten zur Geltung.
Die Tschechischen Philharmoniker waren insgesamt selten so beseelt und im Gesamtbild so kohärent, wie unter seinem Dirigat.
Smetácek ist ebenfalls eine gute Wahl. Sehr zupackend, scharfkantig. Es gibt wohl von Supraphon eine restaurierte Fassung, bei der der von clasjaz angesprochenen Klangbrei der DG wegretuschiert wurde.
Belohlávek kenne ich mit einigen von Dvorák’s Symphonien und war absolut zufrieden. Schenkt man dem Gramophone-Review Glauben, verfügt die Aufnahme über gut disponierte Sänger und scheint eine gute Wahl zu sein. Interessant ist der Einsatz eines Kinderchors.
Rilling kenne ich als guten, aber sehr hemdsärmeligen Handwerker. Ich könnte mir vorstellen, dass sein Dvorák das slawische Feuer missen lässt.
Nikolaus Harnoncourt hat ja gerade mit dem „Stabat Mater“ immer wieder für Begeisterung gesorgt. Hier gibt es eine gute, aber durchaus auch behäbige Version zusammen mit dem Chamber Orchestra of Europe und dem Arnold Schönberg Chor zu hören. Auf CD gibt es meiner Erinnerung nach eine Aufnahme mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks.
--
"There is a wealth of musical richness in the air if we will only pay attention." Grachan Moncur III