Re: Der DJ-Thread

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whole-lotta-pete

Registriert seit: 19.05.2003

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Bender Rodriguez
Jedoch setze ich dem Herunterbeten der Binsenweisheit, daß man das Publikum mit allen Mitteln auf der Tanzfläche halten muß eines entgegen: Die schiere Versagensangst macht manche DJs wirklich zu Zauderern und unkreativen Abspulmaschinen. Einmal ihr „Programm“ gefunden, können sie zu reinen Wiederkäuern werden, die der high rotation der Formatradios durchaus das Wasser reichen können – egal welche Sparte sie bedienen. Ich erlebte schon DJs, die „unkonventionelle“ Genres bedienten, aber in ihrem ewig gleichen Sumpf versackt sind.

Sehr häufig erlebt. In den 90ern sorgten genau solche DJs dafür, dass ich bis heute, selbst unter Hinzuziehen sämtlicher Nostalgie- und Erinnerungsanfälle, höchst allergisch gegen die Red Hot Chilli Peppers und diesen einen Track von „Heroes del Silencio“ bin, statt sie einfach zu ignorieren!

Es gehört ein „Händchen“ dazu, das Risiko einzugehen – und Neuheiten, Raritäten, Absonderliches oder auch mal Artfremdes so zu integrieren, daß allenfalls Interesse am Gebotenen besteht, auch wenn die Tanzfläche mal nur zögerlich dazu betreten wird (eine sich vorübergehend leerende Tanzfläche haben wir doch alle mal produziert – oder bewusst in Kauf genommen, oder?). Habe ich schon öfters erlebt, daß ein Experiment zu einem späteren Tanzflächenfavoriten wurde.
Ein aufgeschlossenes Publikum sollte den Wagemut eines DJ genauso honorieren wie sein Können, „nur“ „Party“ abzuliefern.

Absolut, das „Händchen“ stellt für mich überhaupt den Kern eines DJs dar. Alles andere sind im Grunde nur Musikabspieler. Der richtige Einsatz von nicht allzu bekannten Tracks will auch gekonnt sein und geht gelegentlich etwas nach hinten los, das gehört dazu. Das hab ich hier schon mal geschrieben irgendwo, aber mit am besten gefällt dem DJ, wenn Gäste auf eingebrachte Experimente anspringen und nachfragen, was denn da zu hören war. Wenn ich da an meine eigene Schwelle denke, auf nicht bekanntes das Tanzbein zu schwingen, ist das eine wahre Kunst. In den letzten Jahren habe ich eine kleine Reihe von Tracks eingesetzt, die trotz ihrer (relativen) Unbekanntheit die Tanzfläche sehr gut in Wallung brachten. So zwingend muss ein Song erstmal sein!

Natürlich taugt dieses „Experimental“-Können auf Hochzeitsparties oder Firmenfesten nicht viel – aber für solche „Events“ bin ich dann doch der falsche Mann…

Ich würde mich da etwas näher bei Mikko positionieren, allerdings unter der Vorausgabe, dass nur etwas gespielt werden kann, was ich auch habe und dementsprechen mag. Das ist bei ihm zwar vermutlich ganz genauso, allerdings dürfte er wohl doch ein erheblich größeres Repertoire (Bandbreite und Menge) haben als ich. Das grenzt die Sache bei mir natürlich ein. Daher mache ich mir immer einen großen Aufwand und kläre die Anfrager vorher auf, was sie erwartet. Wenn sie dann immer noch wollen und es mir gut rein passt, mache ich sowas ganz gerne. Betriebsfeiern sind übrigens fast noch übler als Familienfeste in dieser Hinsicht. Wenn die Leute nicht mal die bekanntesten Soundtracks und Evergreens identifizieren können und einem stattdessen mitgebrachte Top40-CDs unter die Nase halten, geht man doch irgendwann die Wände hoch.

Warum ich das dann gelegentlich doch mache? Es sind eben meine eigenen Kollegen, ich leg ja nicht in fremden Firmen auf. Und sonst will das keiner machen. Irgendwie ist es auch spaßig, bisweilen auch etwas edukativ ;-)

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