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EgoBei mir in der Gegend verderben solche Hobby DJ’s zur Zeit stark den Publikumsgeschmack. Da diese nämlich oft mit sehr wenigen Lieblings CD’s anrücken, und es zwangsweise Wiederholungen gibt, erwartet das Publikum zum Teil immer mehr das man sachen „nochmal“ spielt.
Nun, da hier bereits mehrmals der Begriff „Hobby DJ“ gefallen ist, möchte ich mich auch einmal dazu äussern. Da wohl die überwiegende Zahl der Zeitgenossen, die mehr oder weniger versiert, oft oder gekonnt (also mehr oder weniger „professionell“) einer „DJ“-Tätigkeit nachkommen, dies in ihrer Freizeit tun, dürfte der Begriff „Hobby-DJ“ auch bei allen diesen angebracht sein – und dieser Begriff muß nicht unbedingt negativ behaftet sein.
Ich erinnere mich noch zu gerne an die Zeit, in der ich begonnen habe, in öffentlichen Läden (Clubs) aufzulegen. Zu dieser Zeit (ist ungefähr 15 Jahre her) war das Programm der meisten festen DJ’s in den von mir frequentierten Discos dermassen eintönig und von ständigen Wiederholungen geprägt, wie es hier im Thread bereits als „Publikumsgeschmack verderben“ treffend geschildert wurde. Und diese Herren taten dies allerdings nicht mittels ihrem umfassenden privaten Fundus, die bestritten mit ca. 50-70 Platten/CD’s (darunter viele grottige Compilations) wochenlang ihr Programm, liessen sich Publikumswünsche mitbringen – und tanzten nach der Pfeife des immergleichen Klientels. Und taten dies bestimmt nicht nur für ein „paar Bier und eine Schmalzstulle“…
Da diese Ödnis andere Gäste dieser Clubs auch irgendwann leid war, trat man auf mich zu und fragte an, ob ich nicht zusammen mit einem Team auflegen wolle, einmal monatlich, zwei DJ’s, die anderen kümmerten sich um Tür und sonstiges Wohlergehen der Gäste. Zunächst traute ich mir das nicht zu, aber nach einigem Bohren willigte ich ein. O.k., erster Abend mit mächtig Lampenfieber und ca. 70 Gästen, die allerdings vollauf zufrieden waren und ständig die Tanzfläche belagerten. Ich schleppte einen Kofferraum voller Platten an, was mit spöttischen Bemerkungen belegt wurde, wie lange ich denn auflegen wolle, das würde ja für eine Woche reichen…
Nach ungefähr einem halben Jahr knackten wir die „Hunderter-Grenze“ (Gästezahl), binnen Jahresfrist gaben sich regelmässig gut 300 Gäste ein Stelldichein. Wir spielten sehr viel Ausgefallenes, gemischt mit aktuellen Veröffentlichungen, Klassikern und bei jeder Veranstaltung gut 75% Stücke, die das letzte Mal nicht liefen. Wir lernten, das Publikum zu „erziehen“, gingen aber auch gerne auf Wünsche ein, diese durften allerdings das Programm nur bis zu maximal 10% beeinflussen. Durch unsere Vielseitigkeit und Unberechenbarkeit wurden wir sehr beliebt – und zur absoluten Konkurrenz der „etablierten“ Läden. Gelegentlich lud man uns ein, dort als „Gast-DJ’s“ zu fungieren. Da wir uns nicht abnutzen wollten und wussten, daß keine Veranstaltung ewig währen kann, kündigten wir nach fünf Jahren während des Höhepunktes unserer Beliebtheit unsere Abschiedsparty an – wir wollten den Abstieg als abgehalfterte Veranstaltung vermeiden (wir konnten dieses Trauerspiel nur zu oft schon bei anderen beobachten). Während dieser Zeit kam alles eingespielte Geld dem Laden zugute, den es aufgrund Veranstaltungen wie unserer noch heute gibt. Bzw. wir machten die eine oder andere Veranstaltung auch mal zu einer „Benefiz-Disco“, um z.B. einen kleinen Lokalsender zu unterstützen. Spass an der Freude und Enthusiasmus ging uns persönlich vor. Die paar Bier und eine Pizza (Nein, kein Schmalzebrot…) liessen wir uns aber recht zufrieden schmecken…
Danach war ich als „DJ“ recht gefragt. Ich konnte mir aussuchen, wo ich auflegen wollte, tat dies auch recht häufig. Es gab Zeiten, da legte ich regelmässig für drei verschiedene Veranstaltungen auf. Mal für Gage – mal nicht. Darauf kam es mir nicht an, der Spaß am Auflegen trieb mich und der Ehrgeiz, dies besser zu können als andere. Mittlerweile, etliche Parties später, trete ich kürzer, aber wenn ich zusammen mit meinem derzeitigen „DJ-Kollegen“ ca. alle drei Monate auflege, dann bleiben mir nach wie vor die Gäste treu (auch wenn ich mich in der Zeit musikalisch weiter entwickelte und ein noch grösserers Spektrum abdecke) – und es kommen immer wieder neue hinzu. By the way, letztes WE waren es ca. 700, nur mal am Rande – also nix mit Kniepe um die Ecke beschallen… O.k., mittlerweile gibt’s regelmässig Gage, was mir aber nach wie vor zweitrangig erscheint. Was aber geblieben ist, ist immer noch mein Kofferraum voller Platten, den ich anschleppe und vor allem: mein Selbstverständnis, dies „nur“ als „Hobby-DJ“ zu tun. Mag auch sein, daß ich in den ganzen Jahren mal den einen oder anderen „Preis verdorben“ habe. Aber das ist das Problem dieser auflegenden Herrschaften, die es sich immer zu einfach machten – und halbherzig den Leuten ein allzu gefälliges und unspektakuläres Programm lieferten.
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Über Musik zu schreiben ist wie zu Architektur zu tanzen.[/FONT]