Re: Dylan Tour 2005

#3840253  | PERMALINK

mrsgarthi

Registriert seit: 08.07.2002

Beiträge: 2,888

Oberhausen war ein sehr gutes Konzert. Der Sound war absolut rund und stimmig. Ich würde sogar soweit gehen, dass es der beste Sound war den ich je erlebt habe. Was mit Sicherheit auch daran lag, dass ich das Konzert aus einer ganz anderen Perspektive erlebt habe wie meine bisherigen Dylankonzerte. Zwangsläufig hatte ich in Oberhausen einen Sitzplatz auf der Tribüne. Die ganze sonstige Hektik drum herum fiel somit weg. Das alles führte aber wohl auch dazu, dass ich nach dem Konzert nicht so diese euphorische Gefühl hatte wie eben sonst nach den Konzerten. Ich habe mich zwar auf Wetzlar gefreut, aber für mich war nach Oberhausen klar:
Es war gut und es war auch mal interessant zu sehen, dass es tatsächlich Leute gibt, die während dem Konzert an der Biertheke rumlümmeln. – Nicht, dass ich das sonst nicht geglaubt hätte wenn jemand drgl Berichte ablieferte. – Aber ich hatte es eben nie selbst beobachten können. Vorne vor der Bühne dieser dicht gedrängte Pulk der Hardcorefans – dann ne Weile nix, bzw. locker verstreutes Publikum und dann am Rand dann die wohl eher gelangweilte uninteressierter Fraktion.
Jedenfalls war für mich nach Oberhausen klar: Schöne relaxte Sache heute, ich freu mich auf Wetzlar, aber dann ist gut. Das Konzert erreicht mich zwar noch, ich werde weiterhin jedes Jahr wenigstens einmal dabei sein, aber ich muss mir den ganzen Stress, den ich sonst bei Mehrfachtouren auf mich genommen habe, deswegen nicht mehr geben. Die Tourjunkiezeit war eine herrliche Zeit, aber nun ist sie eben einfach vorbei. Don`t look back.

Höhepunkt für mich war “ Highwater“ mit einem wunderschönem Banjo. Übrigens auch eine interessante Erfahrung, die ich immer mal wieder auf Dylankonzerten mache. Songs, die sonst nicht unbedingt zu meinen Faves gehören, entwickeln sich genau da zu meinen Favoriten. Dazu gehört u.a. auch Summerdays. Früher von mir eher unbeachtet auf der Platte. Dafür sind die Liveversionen immer ein absoluter Höhepunkte. Letztes Jahr in rockiger fetzige Version, diesmal in wirklich hinreißendem Countryswing. ( Swing ist in der Regel nicht mal so mein Ding, somit zählt es ja sogar doppelt wenn ich hinreißender Countryswing sage.

„To Ramona“ in Oberhausen kam just for me, aus dem Grund ist es mir natürlich nicht möglich eine distanzierte Meinung über diese Version abzuliefern. Ich bitte um Euer Verständnis.

Es wurden im Laufe der Tour immer wieder Vorwürfe gegen die lasche Begleitband erhoben. Vom spielerischen kann ich das so nicht unterschreiben. Sie waren gut. Optisch wirken sie allerdings schon etwas lasch. Die Bandmitglieder standen fast unbeweglich auf der Bühne und spielen halt ihren Part. Die „Bühne“ lebte, bewegt sich kaum. Man hatte auch den Eindruck, als würde es kaum Kommunikation zwischen den Musikern geben. Allerdings hat sich dieser Eindruck während den Blicken durchs Opernglas doch etwas relativiert. Ungeschlagen betreff Lebendigkeit auf der Bühne sind hier für mich die Konzerte mit Charlie Sexton und Larry Campbell. Es wurde gescherzt und gelacht auf der Bühne. Es gab einfach zu der Zeit ein sichtbares Miteinander.
( Mal abgesehen davon, dass Charlie ja nu eh eine absolute Augenweide war. ;-) Aber auch hier: Don`t look back.

Wenn man hergeht und die Dylankonzerte immer nur mit vergangenen vergleicht, nimmt man sich ja selbst den Spaß.
Jan, nein natürlich besitzt das 2005 „Like a rolling Stone“ nicht mehr die Schlagkraft die es Live `66 besessen hat. Die Aussagekraft ist natürlich eine ganz andere. Wer mit drgl. dieser Erwartung auf ein heutiges Dylankonzert geht, kann nur enttäuscht werden und sollte besser zu Hause bleiben und sich an remastered Aufnahme erfreuen. Was man aber erwarten darf ohne je enttäuscht zu werden, sind Dylansongs in unterschiedlichen Arrangements. Songversionen mal ergreifend schön, hin und wieder so ergreifend, dass man heulen könnte und sich doch glatt dabei vorstellen kann, dass selbst Dylan berührt ist. Aber natürlich gibt es hin und wieder auch mal weniger gelungene Versionen. War doch schon immer so. Mal mehr, mal weniger. Unterstreicht aber für mich die Lebendigkeit eines Konzerts.

In Wetzlar hatte ich Stehplatz . Das heißt für mich ab ca. 15.00 h vor der Halle stehen. Zum Glück bei traumhaftem Wetter. Das Kribbeln, das ich am Tag vorher vermisst hatte, stellt sich sehr rasch wieder ein…Ich genieße die „belauschten“ Gespräche der Junkies und ich genieße die geführten Gespräche mit Leuten, die an dem Tag nix anderes als Dylan im Kopf haben. Ich genieße die ganze aufregende, aufgeregte Vorfreuden-Atmosphäre. Ich genieße die Panik die ich habe, ob ich denn auch wirklich Run auf die erste Reihe gewinne…. Dieses ewig blöde Gerenne! Ich finde es nach wie vor lächerlich mich daran zu beteiligen, was mich aber natürlich nicht davon abhält mich daran zu beteiligen…. In Wetzlar war der ganze Stress dadurch, dass es diese zwei Innentüren gab, wieder mal sehr ausgeprägt. Natürlich stand ich an der Tür wo der Schlüssel fehlte!!!

Na auf jeden Falls stand ich in Wetzlar letztendlich doch da wo ich hingehöre. In der 1. Reihe. Direkt vor Bob. Ich war auf Abstriche am Sound eingestellt. Überraschenderweise war dem nicht so. Ebenfalls wieder sehr gut ausgesteuerter voller Sound. Glück natürlich auch die Abwechslung der Setliste zum Vortag. Es hätte mich zwar nicht weiter gestört wenn es nicht so gewesen wäre, aber so war es natürlich noch mal einen Deut schöner. ( Dass es zudem weniger gespielte Livesongs waren, hat mich persönlich nicht so sehr beeindruckt, weil ich nicht so der Setlistenvergleicher bin.)

Höhepunkte Wetzlar: Wieder das bisher von mir unterbewertete Highwater. ( Leider diesmal ohne Banjo. ) sowie Hard Rain und You aint`t goin`nowhere. Wobei You ain`t goin` von der musikalischen Verpackung genial war und Dylans Gesang bei dem song von mir eher schwächer bewertet wird.
Ach so ja und an beiden Tagen war Highway 61 ganz ganz große klasse!

Die Band beurteile ich nach dem Wetzlar Konzert auch etwas anders. Wenn man direkt davor steht, ist der optische Eindruck auf keinne Fall lasch. Spielfreude würde ich es zwar auch nicht gerade nennen. Aber sie waren auf jeden Fall voll konzentriert bei der Sache. Und dass sie es spilerisch drauf haben steht außer Zweifel.

Wie war er stimmtlich?
Ich fand seine Stimme bei beiden Konzerten relativ stark. Stark im Sinne von doch relativ kraftvoll. Auch ich sehe es wie Jörg, es wurde gesungen und nicht bebellt, gejault oder gejapst. Mich stört ja auch manchmal wenn er die Wörter zuuu sehr zieht. Manche sagen „ Absingen“ dazu. Hat er bei beiden Konzerten diesmal nicht so ausgeprägt gemacht, dass ich es als störend empfunden hätte.
Ich habe mir gestern noch mal ein 2001 Konzert von Bad Reichenhall angehört. Für mich vergleichbar von der Kraft der Stimme. Insofern hat sich da meiner Meinung nach nicht sehr viel in den letzten drei, vier Jahren geändert. Überhaupt sah er ziemlich fit aus.
Dass er stimmlich z.b. in Berlin nicht sonderlich dolle drauf war, habe ich allerdings auch von mir glaubhaften Konzertbesuchern gehört. Also keine Ahnung ob es in Wetzlar und Oberhausen Tagesform abhängig war, oder doch nur mein persönlich Empfinden, dass ich das als Brillenträger eben anders höre.

See you in Munich / 15 h

--

Yet there's no one to beat you, no one t' defeat you, 'Cept the thoughts of yourself feeling bad.